Salzburger Nachrichten

Teamchef über Konrad: „Er war immer zu loyal“

Mit 29 Jahren ist Patrick Konrad recht spät in der Elite des Radsports angekommen. Bisher sei er zu wenig Egoist gewesen, sagen Begleiter.

-

SALZBURG. Eine Etappe bei der Tour de France zu gewinnen, das ist zwar ein großartige­r Erfolg – nur: Zeit zum Feiern bleibt halt keine. Nach Patrick Konrads beeindruck­ender Solofahrt zum Sieg auf der 16. Etappe traf sich die Bora-Mannschaft danach im Küchentruc­k zu einem Umtrunk. Nach zehn Minuten war der auch schon wieder vorbei.

Die Glückwünsc­he gingen dagegen auch am Tag danach weiter. „Ich habe ihn vor der Etappe noch angerufen. Das war gewaltig gemacht. Von so einer Fahrt träumt jeder von uns“, meinte Radprofi Gregor Mühlberger, der jahrelang mit Konrad das Teamtrikot bei Bora getragen hat. Er kennt die Stärken und Schwächen des 29-jährigen Niederöste­rreichers wie kaum ein anderer. Was sind seine Stärken? „Wahrschein­lich ist seine größte

Stärke, dass er keine Schwäche hat. Er ist ein ungemein starker Fahrer auf den Bergen, aber in einem Sprint von 25 Mann ist er sicher auch unter den Top 3 dabei. Solche Fahrer gibt es nicht viele.“

Bemerkensw­ert: Der Etappensie­g bei der Tour war zugleich sein erster richtig großer Erfolg im Radsport – bis dato waren es die Staatsmeis­tertitel 2019 und 2021. Warum hat er so lange gebraucht, um den Durchbruch zu schaffen? „Man muss auch die Rolle sehen, die man im Radsport spielt. Er hatte bis jetzt viele Aufgaben für andere zu erledigen gehabt, jetzt bekommt er erstmals große Freiheiten“, sagt Mühlberger. Da mag sogar mitspielen, dass der Bora-Topprofi Peter Sagan in der Vorwoche aus der Tour ausgestieg­en ist – danach belegte Konrad am Samstag Rang zwei und gewann am Dienstag.

Der Mann, der Konrad den Weg in den Profi-Radsport geebnet hat, heißt Ralph Denk. Der Teamchef des deutschen Teams Bora-hansgrohe holte Konrad 2015 von Simplon Wels – und musste ihm erst einmal ein paar Ecken und Kanten verpassen. „Er war oft ein zu loyaler Mensch. Er hat seine eigenen Ambitionen hintangest­ellt und anderen den Vortritt gelassen. Das ist zwar nett, aber so gewinnt man in einem so harten Sport wie dem Radsport natürlich nichts. Aber er hat in den letzten Jahren gelernt, seine Hand zu heben“, sagt Denk über das Talent, das wie so viele heimische Talente bei der heuer leider erneut ausgefalle­nen Österreich-Rundfahrt aufgefalle­n ist. Konrad sei jedenfalls „ein zielstrebi­ger und seriöser Arbeiter“, auch das ein Grund, warum es mit 29 zum ersten großen Sieg gereicht hat. „Er war nie das Supertalen­t, das mit 22 Jahren alle fasziniert hat. Er hat sich diesen Etappensie­g über Jahre hinweg Stück für Stück erarbeitet.“

Sportlich ist Konrad vorbelaste­t: Sein Vater Wolfgang war Mittelstre­ckenläufer und ist heute Veranstalt­er des Vienna City Marathon.

Die Königsetap­pe auf den Col de Portet endete Mittwoch mit dem souveränen Sieg des Gesamtführ­enden Tadej Pogačar, der einmal mehr seine Klasse unterstric­hen hat. Es war der zweite Etappensie­g des Slowenen bei dieser Tour.

Die Feier nach dem Etappensie­g dauerte zehn Minuten

 ?? BILD: SN/GEPA PICTURES ?? Am Ende jubelt Patrick Konrad doch noch.
BILD: SN/GEPA PICTURES Am Ende jubelt Patrick Konrad doch noch.

Newspapers in German

Newspapers from Austria