„Gratwanderung für Politiker“
Der Medienexperte Heinz Wassermann von der FH Joanneum Graz über Politiker in Gummistiefeln und die Macht der Bilder.
SN: Weshalb sind Politikerauftritte nach großen Katastrophen so heikel?
Heinz Wassermann: Es ist immer eine Gratwanderung. Einerseits erwarten viele Bürgerinnen und Bürger Präsenz der Regierenden, andererseits können ihre Auftritte schnell unglaubwürdig wirken. Das kann dann zum Bumerang werden. Wie etwa beim Hochwasser 1997, als man den damaligen Bundeskanzler Viktor Klima kritisierte, er würde sich in Gummistiefeln inszenieren.
SN: Warum suchen Politiker dann diese Orte auf?
Es ist die Stunde der Exekutive, die Stunde der Regierenden. Es wird erwartet, dass sie handeln, und das müssen Politiker auch zeigen. Das kann schnell auch schiefgehen, wie sich gerade in
Deutschland zeigt. Ich glaube nicht, dass Kanzlerkandidat Armin Laschet, der beim Scherzen im Katastrophengebiet gefilmt wurde, diese Bilder noch einmal loswird. Umgekehrt hat es Angela Merkel geschafft, mit einem Händehalten ein Zeitdokument im positiven Sinn zu erschaffen.
SN: Nimmt die Debatte über Symbolik somit nicht mehr Platz ein als die Diskussion über tatsächliche Fehler?
Das ist mit Sicherheit so. Der Grund dafür ist, dass Politik als das „Bohren harter Bretter“meist mühsam, langwierig, fast schon langweilig und vor allem schwer darstellbar ist. Deshalb werden Bilder von Politikerinnen und Politikern in Aktion von der Politik bewusst produziert und von der Öffentlichkeit fast schon dankbar aufgenommen. Bilder und Symbole lösten bei Menschen immer schon die meisten Reaktionen aus, das wird im digitalen Zeitalter natürlich noch einmal verstärkt.