„Schützen vor Folgen, die wir nicht vermeiden können“
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sieht bei den aktuellen Wetterereignissen zwei Aspekte.
SN: Ihre Ministerkollegin Köstinger gibt der Verfahrensdauer bei Schutzmaßnahmen und Naturschützern quasi die Schuld daran, dass Hallein so stark vom Hochwasser betroffen ist. Sehen Sie das auch so? Gewessler: Die Bilder, die wir gesehen haben, machen uns betroffen. Der erste Schritt ist jetzt, vor Ort zu helfen und aufzuräumen. Kanzler und Vizekanzler haben auch schon angekündigt, dass es aus dem Katastrophenfonds Unterstützung geben wird. Wir sehen leider, dass durch die Klimakrise solche Extremwetterereignisse häufiger und heftiger werden. Daher müssen wir jetzt alles tun, um Klimaschutz voranzubringen. Wir sind im Klimaschutz auf Aufholjagd. Es geht um klimafreundliche Mobilität, Infrastrukturausbau, das 1-2-3-Klimaticket, Umstieg auf Elektromobilität, es betrifft den Gebäudebereich, Heizen und Kühlen und vieles mehr. Wichtig ist, dass wir jetzt schnell die richtigen Weichen stellen und keine Zeit verlieren.
SN: Klimaziele für 2030 oder 2040 erzeugen den Eindruck, dass wir erst in fünf, zehn Jahren vielleicht eine Wirkung sehen. In der Praxis ändert sich vieles im Schneckentempo. Was kann die Politik schnell machen? Vieles, was wir jetzt tun, wirkt erst in einem, zwei oder fünf Jahren. Umso wichtiger ist, dass wir keine Zeit mehr verstreichen lassen. Jeder und jede kann täglich eigene Entscheidungen treffen und etwas tun, um den Klimaschutz voranzubringen. Vielleicht einmal aufs Rad umsteigen oder Öffi fahren. Aber es braucht vor allem politische Rahmenbedingungen, um das so einfach wie möglich zu machen. Dafür sorgen, dass der öffentliche Verkehr dann fährt, wenn er auch gebraucht wird, dass es Radwege gibt oder Ladestationen. Das tun wir jetzt.
SN: Gibt es Versäumnisse bei den Schutzmaßnahmen? Auch beim Thema Anpassung an den Klimawandel sind wir massiv gefordert. Wir müssen uns schützen vor den Folgen, die wir nicht vermeiden können. Wir diskutieren oft das Thema Hitze. Es geht darum, wie wir Städte kühlen durch Begrünung. Aber auch vor extremen Unwettern und Hochwasser müssen wir uns schützen. Es hilft, wenn unsere Böden weniger versiegelt sind und mehr Wasser aufnehmen können. Hier haben wir Handlungsbedarf. Denn Österreich ist weiter Europameister bei der Bodenversiegelung. Und wir müssen natürlich Schutzbauten errichten. Bei all dem drängt die Zeit und wir müssen schnell aktiv werden. Wir brauchen ein Bewusstsein dafür und wir müssen uns darauf einstellen, dass sich unsere Umwelt rasant verändert.
SN: Muss der Hochwasserschutz schneller gehen?
Wir haben in allen Bereichen Aufgaben vor uns, natürlich auch beim Hochwasserschutz. Es gibt einen Plan, für den das Landwirtschaftsministerium zuständig ist, und auch die Länder sind hier maßgeblich an der Umsetzung beteiligt. Aber wir haben auch bundesseitig ein Budget und finanzieren Projekte für die Klimawandelanpassung. Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang sind die Maßnahmen zum Hochwasserschutz in Niederösterreich im Unteren Traisental und im Fladnitztal.
„Wir sind überall massiv gefordert.“
Leonore Gewessler, Klimaministerin