Farben erzählen vom Aufbrechen
Luigi Nono und Emilio Vedova: Ein Komponist und ein Maler animieren zu neuartigem Zusammenleben.
SALZBURG. Während Formen zerfallen, brechen die Farben auf. Sie erzeugen eine impulsiv wirkende, scheinbar sich bewegende Komposition, verweigern aber jeden auf systematisches Überlegen beruhenden, auch nur angedeuteten geometrischen Raster. Emilio Vedovas Bilder lassen sich lesen wie der Aufbruch zu neuem Denken, zu neuen Formen, zu neuem, Achtsamkeit erforderndem, beweglichem Zusammenspiel. Allein der Blick auf eines seiner Gemälde macht deutlich, warum sie seit diesem Wochenende in den Foyers der Felsenreitschule hängen, und von Fotos, Skizzen, Plakaten und Dokumenten in Vitrinen ergänzt werden:
Sie passen zum Streben des Komponisten Luigi Nono, dessen „Intolleranza 1960“ab 15. August in der Felsenreitschule aufgeführt wird.
Nono und Vedova: Beide waren Venezianer, beide waren aktive italienische Antifaschisten, also politisch Engagierte, die in ihrem jeweiligen Metier zu neuem Denken, neuer Ideologie und folglich neuartigem Zusammenleben animieren wollten – Luigi Nono in der Musik und Emilio Vedova in der Malerei. Außerdem: Der Pionier des italienischen Informel, jener europäischen Spielart der Abstraktion, die das Geometrische durch spontane Gesten ablöst, hat vor sechzig Jahren die Uraufführung von „Intolleranza 1960“im Teatro La Fenice in Venedig bildnerisch gestaltet.
Die etwa 25 Exponate – darunter fünf große Gemälde – im Foyer des Hauses für Mozart und auf der Empore des Karl-Böhm-Saals gäben Einblick in die Entstehung von „Intolleranza 1960“, in die Arbeitsweise des Komponisten ebenso wie in jene Emilio Vedovas, teilt die Galerie Ropac mit, die die Ausstellung gestaltet hat – gemeinsam mit Salzburger Festspielen, Archivio Luigi Nono und Fondazione Emilio e Annabianca Vedova.
Wenn Schauspielchefin Bettina Hering heuer außerdem zwei Abende zu künstlerischen und politischen Manifesten angesetzt hat, so passen auch diese beiden Künstler in dem Sinne dazu, dass sie nicht als Solitäre agierten, sondern politisch zu wirken trachteten und dazu künstlerische Kooperationen mit Gleichgesinnten suchten.
Der Komponist Luigi Nono begründet seine Musik auf lyrische wie politische Texte, die gegen Intoleranz, Unterdrückung und Entwürdigung protestieren. Der Maler Emilio Vedova hat sich laut Wikipedia in mehreren antifaschistischen Künstlergruppen engagiert und mit Ennio Morlotti das Manifest „Oltre Guernica“(„Jenseits von Guernica“) geschrieben.