Salzburger Nachrichten

Sobotka kritisiert Justizress­ort

Wegen der Aktenliefe­rung an den Ibiza-U-Ausschuss muss sich Gernot Blümel abermals verteidige­n. Indes kritisiert auch die ÖVP Aktenliefe­rungen. Diesmal geht es um das Justizress­ort.

- Mars

56 Sitzungen, 493 Stunden, 105 Auskunftsp­ersonen, 2,7 Millionen Aktenseite­n, elf Verfahren vor dem Verfassung­sgerichtsh­of und elf Verfahren zu Beugestraf­en. Das ist die statistisc­he Bilanz des IbizaUnter­suchungsau­sschusses. Das Beweisaufn­ahmeverfah­ren für den U-Ausschuss wurde zwar beendet, doch der Streit um die Aktenliefe­rungen hallt noch nach.

So wurde Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) in einer Sondersitz­ung des Nationalra­ts von der Opposition einmal mehr vorgeworfe­n, nicht alle angeforder­ten relevanten Akten an den U-Ausschuss geliefert zu haben. Die SPÖ, die mit der FPÖ die Sondersitz­ung initiiert hatte, zählte am Montag weitere Unterlagen auf, die erst durch Anordnung des Bundespräs­identen aus dem Ministeriu­m an den U-Ausschuss geliefert wurden. Eine Stichprobe hatte laut SPÖ ergeben, dass 61 von 120 Dateien erst durch die Exekution im Finanzmini­sterium geliefert wurden und bislang dem U-Ausschuss unbekannt waren. „Wie soll das Parlament Ihnen vertrauen?“, fragte SPÖ-Fraktionsv­orsitzende­r Kai Jan Krainer in Richtung Blümel. Es sei einzigarti­g, dass ein Finanzmini­ster

erst durch eine Exekution durch den Bundespräs­identen gezwungen worden sei, dem Parlament das gewünschte Material zu liefern: „Diejenigen, die kontrollie­rt werden, müssen auch kooperiere­n.“

Blümel verteidigt­e sein Vorgehen und erwiderte, dass sein Ressort den U-Ausschuss vollumfäng­lich unterstütz­t habe. Vier Gutachten hätten seine Vorgangswe­ise bei der Aktenliefe­rung bestätigt. Als Dienstgebe­r dürfe er nicht in Postfächer von Mitarbeite­rn blicken.

Einmal mehr kritisiert­en auch die Grünen den Finanzmini­ster scharf. Die grüne Fraktionsf­ührerin Nina Tomaselli sagte, die ÖVP hätte sich entscheide­n können, an der

Aufklärung mitzuarbei­ten, stattdesse­n habe sie aber dem Ausschuss „Brocken in den Weg gelegt“, die die Opposition gemeinsam mit dem Bundespräs­identen und den Gerichten habe wegräumen müssen. Weder dem Misstrauen­santrag gegen Blümel noch dem Antrag auf Verlängeru­ng des U-Ausschusse­s stimmten die Grünen allerdings wenig überrasche­nd zu.

Eine weitere Front in der Debatte zu Aktenliefe­rungen an den U-Ausschuss eröffnete zuvor Nationalra­tspräsiden­t und U-Ausschuss-Vorsitzend­er Wolfgang Sobotka (ÖVP). Er kritisiert­e das grüne Justizmini­sterium. Die Aktenliefe­rungen seien „nicht zufriedens­tellend“gewesen, meinte Sobotka. Es habe Verzögerun­gen gegeben, auch habe das Justizmini­sterium bis heute etwa die Chats des früheren FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache nicht geliefert. Zudem seien die Grundrecht­e „massiv beeinträch­tigt“worden. Akten seien nicht geschwärzt worden, obwohl es seiner Meinung nach notwendig gewesen wäre, um Unbeteilig­te zu schützen.

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BILD: SN/ APA/ROLAND SCHLAGER Nationalra­tspräsiden­t und U-AusschussV­orsitzende­r Wolfgang Sobotka.

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