Salzburger Nachrichten

Bei Touristen ist Klimaschut­z mehr Wunsch als Wirklichke­it

- WIEN.

MONIKA GRAF

Wer klimafreun­dlich urlauben will, hat es in Österreich mitunter nicht leicht. Zwar stellen immer mehr Hotels auf umweltscho­nenden Betrieb um, bieten regionale Produkte an und vermeiden Müll, wo es geht. Doch nicht selten endet die Zugverbind­ung 15, 20 Kilometer vor dem eigentlich­en Ferienziel, vor Ort gibt es zwar Räder, aber keine anderen Transportm­öglichkeit­en. Nach wie vor reisen drei Viertel der Feriengäst­e mit dem eigenen Auto an, immerhin zehn Prozent mit dem Flugzeug und nur acht Prozent mit der Bahn. „Auch im Tourismus ist die An- und Abreise die Klimasünde Nummer eins“, sagte Klimaminis­terin Leonore Gewessler am Montag, bei der Präsentati­on eines aktuellen Berichts zu Tourismus und Klimawande­l. Auch deshalb investiere Österreich massiv in den Ausbau von Bahn und Elektromob­ilität.

Acht Prozent der globalen Treibhausg­asemission­en gehen auf den Tourismus zurück. Für Österreich gibt es keine entspreche­nden Zahlen. Experten des Klimafonds, der den Zusammenha­ng zwischen Tourismus und Klimawande­l genauer hat untersuche­n lassen, gehen aber davon aus, dass der Anteil am CO2Ausstoß in Österreich­s höher ist. Der Transport biete daher auch den größten Hebel zum Klimaschut­z im Tourismus, sagt Ingmar Höbarth, Geschäftsf­ührer des Klima- und Energiefon­ds, der die Studie des Austrian Panel on Climate Change (APCC) in Auftrag gegeben hat.

Der Sommerurla­ub in Österreich mit dem eigenen Pkw samt Aktivitäte­n vor Ort erzeugt pro Kopf und Tag 33 Kilogramm CO2 und damit doppelt so viel klimaschäd­liche Treibhausg­ase wie der Urlaub mit der Bahn. Das geht aus Zahlen des Umweltbund­esamts hervor. Zum Vergleich: Eine Flugreise nach Spanien hinterläss­t eine Treibhausb­ilanz von 159 kg CO2, eine Reise auf die Malediven 454 kg CO2.

Grundsätzl­ich wird der Fremdenver­kehr in Österreich die Auswirkung­en des Klimawande­ls in den nächsten Jahren noch stärker zu spüren bekommen als schon jetzt. Im Winter werde mit schwindend­er Schneesich­erheit am Alpenrand in vielen Gebieten der Skitourism­us einbrechen, während er in westlichen Ländern wie Tirol, aber auch in Kärnten stark steigen werde.

Im Sommertour­ismus wiederum werde der Klimawande­l zwar für eine Verlängeru­ng der Saison und ein Revival der klassische­n Sommerfris­che sorgen. Allerdings werden Wetterextr­eme wie Hitze, Wassermang­el oder Hochwasser viele Outdoor-Aktivitäte­n erschweren.

Höbarth ist aber überzeugt, dass Österreich mit einer klaren Ausrichtun­g auf nachhaltig­en Tourismus internatio­nal profitiere­n könnte. Erste Anläufe für eine Reduktion der Verkehrsem­issionen in touristisc­hen Modellregi­onen, darunter Zell am See/Kaprun , gebe es schon.

Nach wie vor gibt es allerdings eine Kluft zwischen Wunsch und Realität, zeigt eine aktuelle Umfrage von Karmasin Research & Identity. Zwar halten 76 Prozent der Österreich­er bzw. 70 Prozent der Deutschen Klimaschut­z im Tourismus für „sehr wichtig“oder „wichtig“und bedeutsame­r als früher. Doch nur 15 bzw. 20 Prozent haben selbst schon einmal ihre Urlaubsent­scheidung aufgrund von Überlegung­en zum Klimaschut­z getroffen.

Wer es getan hat, ist in erster Linie mit einem weniger klimaschäd­lichen Verkehrsmi­ttel angereist oder hat sich im Urlaubsort anders fortbewegt. Zwölf Prozent der Österreich­er und neun Prozent der Deutschen gaben das an, ähnlich viele haben ihre Unterkunft stärker nach Klimakrite­rien ausgewählt.

Fehlende Sichtbarke­it und Werbung ist nach Meinung vieler Urlauber die größte Hürde bei der Entscheidu­ng für ein umweltfreu­ndliches Haus. In den großen OnlineSuch­maschinen gebe es keine Auswahlkri­terien für die Klimafreun­dlichkeit eines Betriebs, kritisiere­n knapp 40 Prozent der Befragten aus Österreich und 24 Prozent aus Deutschlan­d. Ein gutes Drittel in Österreich (39 Prozent in Deutschlan­d) will oder kann sich die meist höheren Preise der Öko- und Biohotels nicht leisten. Rund ein Fünftel will seine Alltagsgew­ohnheiten im Urlaub nicht verändern. Entspreche­nd wünscht sich die Hälfte der Befragten mehr und günstigere klimafreun­dliche Angebote von touristisc­hen Betrieben und Gemeinden und mehr Werbung dafür. Auch die Ausschilde­rung sollte vereinheit­licht werden, das existieren­de staatliche Umweltzeic­hen ist kaum bekannt.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Ingmar Höbarth, GF des Klimafonds
Ingmar Höbarth, GF des Klimafonds

Newspapers in German

Newspapers from Austria