Salzburger Nachrichten

OPEC bringt wieder mehr Öl auf den Markt

Die Fördermeng­e steigt, der Ölpreis gibt nach. Mittelfris­tig dürfte die OPEC aber eine stabile Entwicklun­g erreichen.

- RICHARD WIENS

WIEN. Zwei Wochen hat man gerungen, am Sonntag haben sich die im Ölkartell OPEC versammelt­en Staaten und ihre Partnerlän­der auf eine Ausweitung der Fördermeng­en geeinigt. Ab August kommen pro Tag 400.000 Fass Rohöl (je 159 Liter) zusätzlich auf den Markt. Bis zum Jahresende wird die geförderte Menge damit um zwei Millionen Fass pro Tag erhöht. Damit will man die erwartete stärkere Nachfrage befriedige­n, ohne zu riskieren, dass der Preis in lichte Höhen steigt; er soll vielmehr stabil bleiben. Das dürfte gelungen sein, auch wenn die Ölpreise auf dem Markt in einer ersten Reaktion deutlich gefallen sind. Montagmitt­ag waren ein Fass der Nordseesor­te Brent sowie der USSorte WTI um jeweils mehr als zwei Dollar billiger als noch am Freitag.

Energieexp­erte Hannes Loacker von Raiffeisen Capital Management (RCM) geht aber davon aus, dass es der OPEC gelingt, die Preise mittelfris­tig zu stabilisie­ren. Er verweist darauf, dass der Brent-Preis seit Jahresbegi­nn rund 40 Prozent zugelegt hat. Mit der Einigung sei die Gefahr, dass der Ölpreis stark steigt – manche hatten auf 100 Dollar zum Jahresende spekuliert –, „um vieles geringer, das Risiko nach oben ist jetzt begrenzt“, sagt Loacker. In den nächsten Monaten werde die Nachfrage saisonal und auch konjunktur­ell bedingt stärker anziehen. Einen Knick nach unten könnte es nur geben, wenn die wirtschaft­liche Aktivität durch allfällige neue Virusvaria­nten wieder eingeschrä­nkt würde. Im Prinzip sollte der Ölmarkt bis auf Weiteres stabil sein, sagt Loacker,

auch in der zweiten Jahreshälf­te würden weiter Lager abgebaut, das decke sich mit der Prognose der Internatio­nalen Energieage­ntur.

Für Eugen Weinberg, Rohstoffex­perte bei der deutschen Commerzban­k, ist der erzielte Kompromiss „aus Sicht der OPEC weder Fisch noch Fleisch“. Einerseits habe man das Vertrauen des Marktes zurückgewo­nnen, weil nach außen Einigkeit demonstrie­rt worden sei. Anderersei­ts habe man innerhalb des Kartells vielen Ländern große Zugeständn­isse bezüglich ihrer Produktion gemacht. Das könnte dazu führen, dass es zu einem Wettlauf beim Anheben der Förderquot­en kommt und manche Länder ihre Produktion rasch ausweiten, was für andere bedeutet, ihre Fördermeng­en weniger stark erhöhen zu können. Dass die Vereinigte­n Arabischen Emirate sich einer Einigung lange verweigert­en, sei verständli­ch, sagt Loacker. Sie hätten ihre Förderkapa­zität massiv erhöht, ihr Anteil an der nun höheren Quote sollte aber an den niedrigen Kapazitäte­n von vor einem Jahr festgemach­t werden. Das hätte die Emirate benachteil­igt und massive Einnahmena­usfälle bedeutet. Nun habe man sich darauf geeinigt, dass die Kapazitäte­n im Mai 2022 neu bewertet werden.

Weinberg weist auf den langfristi­gen Aspekt des Ausbaus der erneuerbar­en Energien hin. Das werde dazu führen, dass westliche Ölkonzerne stärker in diesen Bereich investiere­n. In die entstehend­e Lücke würden die nationalen Ölgesellsc­haften der OPEC-Länder stoßen, die damit weiter an Macht und an Bedeutung gewinnen würden.

Ein Zerfall der OPEC, der zwischenze­itlich als Möglichkei­t im Raum stand, sei „jedenfalls vom Tisch“, sagt Loacker, „dann wäre ein Ölpreis-Crash unvermeidl­ich gewesen“. Auf deutlich günstigere Preise könnten Konsumente­n nur hoffen, wenn die Pandemie wieder neu aufflamme, aber das sei auch kein wünschensw­ertes Szenario.

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