OPEC bringt wieder mehr Öl auf den Markt
Die Fördermenge steigt, der Ölpreis gibt nach. Mittelfristig dürfte die OPEC aber eine stabile Entwicklung erreichen.
WIEN. Zwei Wochen hat man gerungen, am Sonntag haben sich die im Ölkartell OPEC versammelten Staaten und ihre Partnerländer auf eine Ausweitung der Fördermengen geeinigt. Ab August kommen pro Tag 400.000 Fass Rohöl (je 159 Liter) zusätzlich auf den Markt. Bis zum Jahresende wird die geförderte Menge damit um zwei Millionen Fass pro Tag erhöht. Damit will man die erwartete stärkere Nachfrage befriedigen, ohne zu riskieren, dass der Preis in lichte Höhen steigt; er soll vielmehr stabil bleiben. Das dürfte gelungen sein, auch wenn die Ölpreise auf dem Markt in einer ersten Reaktion deutlich gefallen sind. Montagmittag waren ein Fass der Nordseesorte Brent sowie der USSorte WTI um jeweils mehr als zwei Dollar billiger als noch am Freitag.
Energieexperte Hannes Loacker von Raiffeisen Capital Management (RCM) geht aber davon aus, dass es der OPEC gelingt, die Preise mittelfristig zu stabilisieren. Er verweist darauf, dass der Brent-Preis seit Jahresbeginn rund 40 Prozent zugelegt hat. Mit der Einigung sei die Gefahr, dass der Ölpreis stark steigt – manche hatten auf 100 Dollar zum Jahresende spekuliert –, „um vieles geringer, das Risiko nach oben ist jetzt begrenzt“, sagt Loacker. In den nächsten Monaten werde die Nachfrage saisonal und auch konjunkturell bedingt stärker anziehen. Einen Knick nach unten könnte es nur geben, wenn die wirtschaftliche Aktivität durch allfällige neue Virusvarianten wieder eingeschränkt würde. Im Prinzip sollte der Ölmarkt bis auf Weiteres stabil sein, sagt Loacker,
auch in der zweiten Jahreshälfte würden weiter Lager abgebaut, das decke sich mit der Prognose der Internationalen Energieagentur.
Für Eugen Weinberg, Rohstoffexperte bei der deutschen Commerzbank, ist der erzielte Kompromiss „aus Sicht der OPEC weder Fisch noch Fleisch“. Einerseits habe man das Vertrauen des Marktes zurückgewonnen, weil nach außen Einigkeit demonstriert worden sei. Andererseits habe man innerhalb des Kartells vielen Ländern große Zugeständnisse bezüglich ihrer Produktion gemacht. Das könnte dazu führen, dass es zu einem Wettlauf beim Anheben der Förderquoten kommt und manche Länder ihre Produktion rasch ausweiten, was für andere bedeutet, ihre Fördermengen weniger stark erhöhen zu können. Dass die Vereinigten Arabischen Emirate sich einer Einigung lange verweigerten, sei verständlich, sagt Loacker. Sie hätten ihre Förderkapazität massiv erhöht, ihr Anteil an der nun höheren Quote sollte aber an den niedrigen Kapazitäten von vor einem Jahr festgemacht werden. Das hätte die Emirate benachteiligt und massive Einnahmenausfälle bedeutet. Nun habe man sich darauf geeinigt, dass die Kapazitäten im Mai 2022 neu bewertet werden.
Weinberg weist auf den langfristigen Aspekt des Ausbaus der erneuerbaren Energien hin. Das werde dazu führen, dass westliche Ölkonzerne stärker in diesen Bereich investieren. In die entstehende Lücke würden die nationalen Ölgesellschaften der OPEC-Länder stoßen, die damit weiter an Macht und an Bedeutung gewinnen würden.
Ein Zerfall der OPEC, der zwischenzeitlich als Möglichkeit im Raum stand, sei „jedenfalls vom Tisch“, sagt Loacker, „dann wäre ein Ölpreis-Crash unvermeidlich gewesen“. Auf deutlich günstigere Preise könnten Konsumenten nur hoffen, wenn die Pandemie wieder neu aufflamme, aber das sei auch kein wünschenswertes Szenario.