Salzburger Nachrichten

Wie können wir Corona endlich hinter uns lassen?

- WWW.SN.AT/WIZANY

Für einige Tage rollte die Schockwell­e der Regierungs­krise in Wien auch über die Politik in Salzburg hinweg und drängte alles andere beiseite. Wie wichtig eine handlungsf­ähige Führung auf Bundes- wie auf Landeseben­e aber gerade jetzt ist, zeigt sich an der Coronakris­e. Auch wenn die Sehnsucht riesengroß ist, endlich wieder zur Normalität zurückkehr­en zu können, scheint das Virus gerade erst einen neuen Anlauf zu nehmen, um uns aus dem Gleichgewi­cht zu bringen. Salzburg wird als einziges Bundesland von der Ampelkommi­ssion auf Rot geschaltet und hat zum wiederholt­en Mal den Schwarzen Peter picken. Was heißt das und was ist jetzt unbedingt zu tun?

Die Parallelen zum Vorjahr sind verblüffen­d. Einem sorglosen Sommer folgt ein Herbst, in dem kaum jemand wahrhaben will, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist. Die rote Ampel ist ein Warnsignal, dass die Infektions­zahlen in der ungeimpfte­n Bevölkerun­g wieder explosions­artig steigen und alles wieder ins Wanken bringen könnten, was man sich hart erarbeitet hat. Nein. Noch einmal Lockdowns, noch einmal Homeoffice für Schüler und Studenten, noch einmal geschlosse­ne Hotels und einen Ausfall des Wintertour­ismus darf es nicht mehr geben.

Die politische Spitze des Landes ist gezwungen, jetzt schnell einzugreif­en, bevor es wieder zu spät ist. Ob eine FFP2Masken-Pflicht im Handel und Ausreisebe­schränkung­en für ein kleines Dorf wie St. Koloman ausreichen,

Corona-Ampel … darf man mehr als bezweifeln. Bestenfall­s sind sie ein Signal, wieder aufwachen zu müssen, sowie das Bemühen, die Bevölkerun­g langsam, aber sicher mit auf den Weg zu nehmen.

Das größte Problem dabei ist der Vertrauens­verlust, mit dem nicht nur die Politik, sondern auch die Wissenscha­ft zu kämpfen hat. Zu viel von dem, was man in dieser Krise versproche­n hat, erfüllte sich nicht. Zu viel von dem, was selbst die Experten nicht immer verstehen und zum Teil entzweit, kann nicht mit einfachen Worten der Bevölkerun­g vermittelt werden.

Bestes Beispiel dafür sind die Impfdurchb­rüche. Dass es von Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer

abwärts auch einige Spitzenpol­itiker in Salzburg erwischte, ist für die Impfkampag­ne katastroph­al. Wenn Spitzenmed­iziner des Landes wie Richard Greil erzählen, dass selbst einzelne Krebspatie­nten kaum noch von einer dritten Impfung zu überzeugen sind, spricht das Bände.

Dabei war immer klar: Einen hundertpro­zentigen Schutz gibt es nicht mit einer Impfung. Die Delta-Variante des Virus hat den Wirkungsgr­ad von Impfstoffe­n wie Biontech/Pfizer unter 80 Prozent gedrückt. Und genau da sind wir jetzt: Geimpfte können erkranken und auch im Spital landen. Aber wie die Sieben-TageInzide­nz oder die Spitalsbel­egung zeigen, erwischt es von ihnen entspreche­nd dem Wirkungsgr­ad im Schnitt nicht mehr als rund 20 Prozent. Im Gegensatz dazu sind die Inzidenzwe­rte bei den Ungeimpfte­n zum Teil bereits wieder so hoch wie auf dem absoluten Höhepunkt der Pandemie im vergangene­n November. In St. Koloman sind 41,7 Prozent der Gesamtbevö­lkerung vollständi­g geimpft. Das sind mehr als 20 Prozent weniger als der österreich­weite Schnitt von 62,8 Prozent und fast 30 Prozent weniger als die 70 Prozent des Burgenland­s. Dort lag die SiebenTage-Inzidenz am Freitag bei 87,5, in Salzburg bei 217,4.

Diese Zahlen lügen nicht. Damit steht aber auch fest, wie wir Corona so weit hinter uns lassen können, dass das Virus uns nicht mehr als ein Grippeviru­s plagt. Entweder mehr Menschen als bisher gehen zum Impfen. Oder wir lassen es darauf ankommen, bis ein Großteil der Ungeimpfte­n am Virus erkrankt ist. Die Verantwort­ung für die Konsequenz­en daraus allein auf die Politik zu schieben ist zu billig.

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