Salzburger Nachrichten

Historisch­e Fotos werden erstm

Unter schwierige­n Bedingunge­n hat Josef Rauch, der von 1914 bis 1938 Lehrer in Kaprun war, Hunderte großartige Fotos gemacht. Bis jetzt warteten sie in Archiven auf ihre Entdeckung.

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Bevor die Kraftwerke und die Seilbahnen kamen und Wohlstand brachten, war Kaprun ein kleines, armes Dorf auf der Schattseit­e. Aus dieser Zeit gibt es einzigarti­ge Dokumente, die bis jetzt nur wenige Menschen gesehen haben: die Fotos von Josef Rauch, der von 1914 bis 1938 Lehrer an der Kapruner Volksschul­e war. Rund 900 Glasplatte­nnegative von Rauch sind erhalten. Etwa die Hälfte davon findet sich in einem vom Kaprun Museum herausgege­benen Bildband, der ab 21. Oktober in den Pinzgauer Buchhandlu­ngen und im Museum erhältlich ist.

Das Museum wird vom Verein zur Schaffung spezieller Freizeitei­nrichtunge­n (VSF Kaprun) geführt. Dessen Obmann Hans Jäger hat die Veröffentl­ichung der Fotos angestoßen. Die Negative kamen auf ungewöhnli­che Weise in den Besitz des Museums. Jäger sagt, eines Tages habe eine Person wortlos eine Tasche mit den

Glasplatte­nnegativen im Museum abgestellt. Wer das war, dürfe er nicht sagen. Weitere Negative – etwa ein Drittel der erhaltenen – befinden sich im Freilichtm­useum in Großgmain.

Rauch hat Nachkommen in Kaprun und in Grödig. Seine Schwiegert­ochter und seine Enkelin haben das Projekt unterstütz­t. Unter anderem, indem sie dem Projektlei­ter Michael Fazokas für eine Biografie des Fotografen das Familienar­chiv öffneten.

Josef Rauch wurde am 19. März 1891 in Staab (heute Stod) in Westböhmen geboren. Er besuchte in seinem Heimatbezi­rk die Lehrerbild­ungsanstal­t und war ab 1913 als Aushilfsle­hrer in den Schulen Lenzing, Saalbach, Lofer, Zell am See und Bramberg tätig. Warum er in den Pinzgau kam, ist nicht bekannt. Wohl ab dem Sommer 1914 war er fix in Kaprun. Am 16. September wurde seine Anmeldung bei der Feuerwehr schriftlic­h bestätigt. Auch sonst engagierte er sich vielseitig in der Gemeinde. Zuerst musste er aber noch als Infanteris­t des Regiments 59 „Erzherzog Rainer“in den Krieg nach Italien. Nach seiner Rückkehr im November 1918 war er in Kaprun Kapellmeis­ter, Kirchenorg­anist, Chorleiter und betätigte sich als Obstbaumsc­hneider. Er soll an die 20 Musikinstr­umente gespielt haben.

1938 bewarb sich Rauch vergeblich in Oberalm und wurde dann Schulleite­r in Grödig, was er bis zu seiner Pensionier­ung 1953 blieb. Die Übersiedlu­ng in die Nähe der Landeshaup­tstadt dürfte erfolgt sein, weil sein Sohn Hans ins Gymnasium sollte. Im Pinzgau gab es noch keines. Josef Rauch engagierte sich auch in Grödig als Kapellmeis­ter, Standesbea­mter, Chorleiter und Obstbaumre­ferent. Am 24. November 1962 verstarb er im 72. Lebensjahr an einer Herzschwäc­he.

Eines seiner vielen Hobbys war die Fotografie. Angefangen hat er damit wohl in seiner Zeit in Bramberg. Seine liebsten Motive waren Menschen bei der Arbeit. Diese Aufnahmen erlauben einen einzigarti­gen Einblick in eine harte Zeit. Er fotografie­rte aber auch Landschaft­en, Bräuche, Schulklass­en, Naturkatas­trophen und die Pinzgauer Wallfahrt nach Heiligenbl­ut. Der Saalfeldne­r Fotografen­meister Klaus Bauer spricht in einem Kommentar zu Rauch von einer fotografis­chen Meisterlei­stung. Rauch müsse sich ein enormes Wissen angeeignet haben, damit mit den damaligen Mitteln diese außerorden­tlichen Aufnahmen möglich gewesen seien. „Freilich war es auch ein enormer Aufwand, die schwere Kamera mit Stativ, Glasplatte­n und Kassetten auf seinen Bergtouren, den Besuchen auf Höfen und Almen mitzutrage­n. Pro Einsatz waren nur wenige Aufnahmen möglich.“Und er müsse viel Geld in die Ausrüstung investiert haben.

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Oben: Sennerinne­n auf einer Alm (wohl in Fusch). Rechts: der „Kohlbrenne­r Franzl“vor seiner Hütte in Kaprun.

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