Salzburger Nachrichten

„Staaten müssen Entwicklun­g selbst ankurbeln“

- Mit Bartholomä­us Grill

SN: Wie wird die Coronapand­emie die Länder Afrikas in ihrer Entwicklun­g zurückwerf­en? Bartholomä­us Grill: Das lässt sich noch nicht absehen. Aber die negativen Auswirkung­en der Pandemie sind schon jetzt enorm. In der informelle­n Wirtschaft sind Millionen Jobs verloren gegangen. Das marode Gesundheit­ssystem der meisten afrikanisc­hen Staaten ist heillos überforder­t. Die Impfquoten sind niedrig, weil es vielerorts an Vakzinen mangelt. Afrikanisc­he Politiker beklagen zu Recht die globale „Impf-Apartheid“.

SN: Wie groß ist die Gefahr, dass China der neue Kolonialhe­rr des Kontinents wird? „Neokolonia­l“ist das falsche Attribut. China übernimmt ja nicht die Macht in den afrikanisc­hen Staaten, es will nicht die Bevölkerun­g versklaven. Dies ist vielmehr eine imperiale Expansion. China möchte im 21. Jahrhunder­t die führende Weltmacht werden. Das Reich der Mitte hat einen gewaltigen Hunger nach Rohstoffen und sucht neue Absatzmärk­te. Das ambivalent­e Ergebnis: Einerseits haben die Chinesen in Afrika binnen zwei Jahrzehnte­n ökonomisch mehr bewirkt als die westliche Entwicklun­gshilfe in 60 Jahren. Anderersei­ts übernehmen sie immer mehr Teile der Infrastruk­tur und treiben afrikanisc­he Staaten in eine neue Schuldenfa­lle.

SN: Was könnten die Europäer dazu beitragen, dass es in

Afrika aufwärtsge­ht?

Demokratie und Wohlstand können nicht von außen wie ein Impfprogra­mm implementi­ert werden. Die Geschichte der Modernisie­rung zeigt, dass die jeweiligen Staaten die Entwicklun­g selbst ankurbeln müssen. Das Hauptprobl­em ist die Unfähigkei­t und Unwilligke­it korrupter politische­r Eliten in Afrika. Die Europäer können den Prozess nur beratend und finanziell unterstütz­en, sie müssten dabei aber mit den Mächtigen härter ins Gericht gehen.

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