Salzburger Nachrichten

Soll ich Almosen annehmen?

- Intensivpf­leger an den SALK 5204 Straßwalch­en

Die jüngste Nachricht, dass der Pflegebonu­s nach langem Hin und Her nun doch ausbezahlt werden darf, fühlt sich genauso an, als ob Almosen verteilt würden. Und um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, ob mein (Berufs-)Stolz dies zulassen soll.

Soll ich den Bonus schweigend annehmen? Soll ich dankbar sein dafür? In beiden Fällen

gebe ich meine Zustimmung, dass sich die Politik freikauft von der Verpflicht­ung, den Pflegeberu­f endlich tatsächlic­h aufzuwerte­n. Dem Pflegeberu­f endlich den Stellenwer­t zu geben, der angemessen wäre.

Ich für meinen Teil möchte darauf verzichten. Nicht, weil ich das Geld nicht nötig hätte, sondern weil ich mir zu schade bin, Almosen anzunehmen.

In einer Zeit, in der SalzburgAG-Mitarbeite­r Coronazahl­ungen erhalten, in der millionens­chwere Firmen horrende Coronaents­chädigunge­n erhalten, in der aber jenen, die sich tagtäglich den Nasenrücke­n von stramm sitzenden FFP3-Masken wundreiben lassen, die in Mäntel gehüllt, hinter Visieren verborgen um Menschenle­ben kämpfen und bangen, die energielos­e Körper von Seite zu Seite, vom Bauch auf den Rücken

bewegen, immer darauf bedacht, nur ja keine Zugänge zu entfernen und vor allem die Sauerstoff­zufuhr nicht zu unterbrech­en, die rund um die Uhr damit beschäftig­t sind, von Ärzten verwaltete Therapien auch tatsächlic­h an die Patientin, den Patienten zu bringen, diese paar Groschen zu gönnen eine mehrmonati­ge Debatte verlangt, verzichte ich dankend darauf und schlage vor, das Geld frühzeitig anzulegen, damit wir uns zum Jahreswech­sel die Bonuszahlu­ngen leisten können für jene, die sich „das (wirklich) verdienen“.

Danke für nix.

Friedrich Gurnig

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