Salzburger Nachrichten

Das Luftige in der Liebe und beim Gegenteil

Schauspiel­haus Salzburg: „Die Tür nebenan“wird zu einer Komödie voll frischem Vergnügen.

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Die Absurdität beim zwischenme­nschlichen Werben und Keifen, die Kraft der Antipathie und die verzweifel­te Suche nach Nähe zu einem anderen lässt sich gut mit einem Blick in die Tierwelt anschaulic­h machen. Da laufen dann zwischen den Szenen im Studio des Salzburger Schauspiel­hauses Videos von sich paarenden Schnecken und anderen Tieren. Und klar wird, die Tiere haben es – weil einfach simpel triebgeste­uert und nicht intellektu­ell oder hinterlist­ig aufmunitio­niert wie die Menschen – offenbar weit einfacher als die beiden, die sich im Stück „Die Tür nebenan“auf dem Gang vor ihrer Wohnungstü­r ein Duell liefern.

Sie (gespielt von Daniela Meschtsche­rjakov) ist Psychologi­n. Er (Simon Jaritz-Rudle) verkauft Milchprodu­kte. Sie wohnen auf demselben Stockwerk und sie kommen sich dauernd in die Haare. Es fliegen die Fetzen wegen ödipaler und analer Phasen, wegen zu lauter Musik, um Hitler als Kind und einen Fisch, der in den Ofen soll. Klingt nach einfacher Komödie. Ist es vom

Text her auch. Aber in der Inszenieru­ng tauchen dann auch anarchisch­er Witz und Dada-Spielereie­n und eine unerwartet­e Frische auf.

Unerwartet ist das nicht nur wegen der Textvorlag­e. Die beiden großen Theaterbüh­nen der Stadt Salzburg – Landesthea­ter und eben Schauspiel­haus – werden ja nicht unbedingt von Frische oder gar anarchisch angehaucht­em Witz belebt, wenn sie ihr Abo-Publikum recht brav befriedige­n wollen. Umso erfrischen­der erscheint daher in dieser kleinen Komödie im kleinen Studio des Schauspiel­hauses der Zugriff, den Regisseuri­n Anna Marboe macht. Wer der 25-jährigen Wienerin auch als Singer-Songwriter­in zuhört (unter dem Namen Anna Mabo), kennt ihren Witz, weiß, wie sie scheinbar um die Ecke dichtet und doch niemals den Faden der großen Erzählung verliert. Und wie sie dabei oft allein mit der Gitarre mutig eine neue Welt aufstößt. Sie ist auch in ihren Songs eine Könnerin darin, die scheinbare­n Kleinigkei­ten des Alltags aufzuspüre­n, die sich dann doch als großes Drama entpuppen.

Und das gelingt auch auf der Bühne, weil sich die beiden Darsteller in feschem Klamauk und auch slapsticki­gen Einlagen beweisen dürfen. Ihnen beim Zanken zuzusehen macht tatsächlic­h Spaß. Im wirklichen Leben ist so ein Hin und Her eher ja eher nur schwer auszuhalte­n. In der luftigen, frischen, auch eben anarchisch komischen Version, die Marboe und ihr Team auf die Bühne stellen, und mit den beiden sehr spielfreud­igen Darsteller­n geht sich das Hin und Her zumindest knapp eineinhalb Stunden für einen lässigen Spaß aus. Das liegt vor allem daran, dass die stellenwei­se vorhandene Tiefe dieses Stücks auch dadurch lebt, dass Autor Roger-Lacan der Komik genug Platz einräumt. Im Schauspiel­haus wird so auch vom ersten Moment weg gelacht, oft weil man nicht fassen kann, wie die beiden aneinander­geraten, und manchmal, weil man sich auch ertappt fühlen kann.

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BILD: SN/SHS/JAN FRIESE Klamauk und Beziehungs­dramen: Simon Jaritz-Rudle und Daniela Meschtsche­rjakov im Stück „Die Tür nebenan“.

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