Salzburger Nachrichten

Wie die Finanz Zahnärzten bei Steuern auf den Zahn fühlt

Eine Kärntner Prüferin deckte den illegalen Kauf von Dentalzube­hör und Zahngold auf. Es laufen millionens­chwere Verfahren. In Salzburg ist ein Zahnarzt wegen Steuerhint­erziehung angeklagt.

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zurück. Der Bundesinnu­ngsmeister der Zahntechni­ker in der Wirtschaft­skammer, Richard Koffu, sagt, er wisse von einem betroffene­n Unternehme­n, das „in Konkurs geschickt“worden sei. Koffu, der auch Kärntner Landesinnu­ngsmeister ist, spricht von einem „speziellen Fall“und es seien Zahnärzte involviert, denen es besonders stark ums Geld gehe. Ein zahntechni­sches Labor sei dann in die Sache „hineingeru­tscht“. Das Insolvenzv­erfahren ist noch nicht beendet.

Aufgedeckt hat die Tricks eine Betriebspr­üferin der Finanz in Kärnten. Ihr fiel im Jahr 2019 bei der Überprüfun­g eines Zulieferbe­triebes auf, dass dieser für Zubehör und Edelmetall­legierunge­n oft zwei Ausgangsre­chnungen ausstellte.

Ein Teil war korrekt an den jeweiligen Käufer adressiert, der andere Teil anonym als „Barverkauf“verbucht. „Dieses illegale Rechnungss­plitting war die Voraussetz­ung dafür, dass die Zahnärzte und Dentallabo­re nur einen Teil der Einkäufe in die Buchhaltun­g aufnehmen mussten. Ähnlich gingen Dentallabo­re beim Ankauf von Bruchgold vor, das anonym eingekauft wurde“, erläutert das BMF.

Dieses Muster ist vor allem aus der Gastronomi­e bekannt. Auch die Einführung der Registrier­kassenpfli­cht ab 2016 hängt zum Teil damit zusammen, weil damit alle verkauften Waren verbucht werden müssen und dadurch Rückschlüs­se auf den Einkauf möglich sind.

Was der Kärntner Prüferin

auffiel, zog weite Kreise: Es gab Hausdurchs­uchungen in drei Wellen in Kärnten, der Steiermark sowie in Wien und in Niederöste­rreich. „Bisher ist die Steuerfahn­dung bereits auf elf Firmen bzw. Zahnärztin­nen und Zahnärzte gestoßen“, erklärte das Finanzmini­sterium auf SN-Anfrage. Die Ermittlung­en seien noch nicht abgeschlos­sen. Die Finanz kündigt gleichzeit­ig in allen Bundesländ­ern weitere Überprüfun­gen in der Dentalbran­che an.

Bei den zuständige­n Staatsanwa­ltschaften wurden die Fälle offenbar noch nicht angezeigt. Ab einem hinterzoge­nen Betrag von 100.000 Euro ist die Justiz für die Verfolgung von Steuerstra­ftätern zuständig. Doch schon die ersten Fälle, über die die Finanz im Vorjahr informiert hatte, waren keine ganz kleinen Fische. In zwei Fällen ergaben Betriebspr­üfungen eine Nachzahlun­g von zusammen rund einer Million Euro. Bei weiteren fünf Fällen wurde mit einem „Mehrergebn­is“, wie es im Jargon der Finanz heißt, von 1,5 Mill. Euro gerechnet. Die Beschuldig­ten seien großteils geständig und müssten mit gerichtlic­hen Geldstrafe­n in jeweils sechsstell­iger Höhe rechnen. Bei einer Firma habe der Geschäftsf­ührer gestanden und 135.000 Euro Geldstrafe erhalten.

In Österreich gibt es laut Zahnärztek­ammer rund 5200 Zahnmedizi­nerinnen und -mediziner, davon führen etwa 4000 eine eigene Ordination.

Auch abseits von Schwerpunk­tprüfungen gibt es immer wieder spektakulä­re Einzelfäll­e. Das zeigt eine Anklage der Salzburger Staatsanwa­ltschaft aus dem Vorjahr. Sie wirft einem Zahnarzt, der Praxen im Land Salzburg und in Tirol betrieb, gewerbsmäß­ige Abgabenhin­terziehung sowie Abgabenbet­rug vor. Demnach soll der Mediziner, der inzwischen in Pension ist und im benachbart­en Ausland leben soll, zwischen 2010 und 2018 die Finanz um gut 800.000 Euro Einkommens­teuer geprellt haben. Im Fall von weiteren 362.000 Euro sei es beim Versuch geblieben. Laut Anklage soll der Zahnarzt wiederholt falsche Einkommens­teuererklä­rungen abgegeben haben. Er habe für den mutmaßlich­en Steuerschw­indel teils auch falsche Urkunden sowie falsche Rechnungen verwendet bzw. vorgelegt. Der Mediziner hätte sich bereits im April am Landesgeri­cht vor einem Schöffense­nat verantwort­en müssen. Der Prozess wurde damals jedoch verschoben, weil der Zahnarzt kurz zuvor mitgeteilt hatte, er sei erkrankt und nicht verhandlun­gsfähig. Das Gericht gab daraufhin ein Gutachten zur Überprüfun­g in Auftrag. Wie Peter Egger, Sprecher des Salzburger Landesgeri­chts, am Freitag sagte, ist es noch nicht bei Gericht eingelangt.

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BILD: SN/REBORN55 - FOTOLIA Die Finanz stieß bei Zahnärzten auf unsaubere Praktiken.
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