Salzburger Nachrichten

Damit Rinder weniger rülpsen

Die Verbesseru­ng der Klimabilan­z in der Rinderhalt­ung ist dabei, ein gutes Geschäft zu werden. Nicht nur für die Hersteller von Futterzusä­tzen – auch für die Bauern.

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SALZBURG. Methan ist eines der gefährlich­sten Treibhausg­ase. Gut ein Drittel der jährlichen Emissionen wird der Landwirtsc­haft zugeschrie­ben. Das Rülpsen der Rinder gilt dabei als das zentrale Problem. Und es passt so gar nicht zu den Bemühungen der Bauern, der Verarbeite­r und des Handels, ihre Produkte möglichst klimaneutr­al zu erzeugen. Seit Jahren laufen intensive Forschunge­n, den Methanauss­toß von Rindern und anderen Wiederkäue­rn wie Schafen zu verringern. Internatio­nale Konzerne wie Nestlé oder Starbucks treiben mit hohen Investitio­nen die Entwicklun­g voran. Mittlerwei­le ist die Verbesseru­ng der Klimabilan­z in der Rinderhalt­ung dabei, für viele Unternehme­n ein lukrativer Geschäftsz­weig zu werden. Auch für die Bauern tun sich dabei neue Möglichkei­ten auf.

„Für die Lebensmitt­elerzeuger ist Milch ein großes Problem, wenn man klimaneutr­ale Produkte herstellen will“, sagt Branchenke­nner Christoph Henöckl, bis vor einem Jahr Chef von Garant, Österreich­s größtem Hersteller von Futtermitt­eln. „Die Abnehmer in der Industrie wie auch der Handel fragen immer öfter: Was macht ihr, um die Klimaneutr­alität zu erreichen?“

Als eine der vielverspr­echendsten Antworten darauf gelten Zusätze zu Futtermitt­eln, die den Methanauss­toß bei Rindern reduzieren. Das Potenzial ist beachtlich. „Wir können die Methanprod­uktion im Magen von Milchkühen um rund 15 Prozent reduzieren“, sagt etwa die Schweizeri­n Beatrice Zweifel von der Firma Agolin, die in jahrelange­r akribische­r Arbeit ein Produkt auf rein pflanzlich­er Basis entwickelt­e. Anders als die Produkte anderer Hersteller, die meist auf Chemie setzen, besteht die Mischung von Agolin aus ätherische­n Ölen, die direkt im Pansen der Wiederkäue­r ihre Entwicklun­g entfalten. Weil sich dadurch auch die Milchleist­ung um gut vier Prozent erhöht, die Futterverw­ertung um knapp zehn Prozent verbessert und auch die Fruchtbark­eit deutlich zunimmt, spricht Zweifel von einer Win-win-Situation für die Bauern.

Das Potenzial von Futterzusa­tzstoffen wie Agolin, den Methanauss­toß zu verringern, ist beachtlich. Allein in Österreich könnte man laut Berechnung­en von Henöckl und Zweifel durch die Beimischun­g von Agolin mehr als 300.000 Tonnen CO2-Äquivalent einsparen. Dennoch ist man einstweile­n zurückhalt­end. Futterzusä­tze werden in erster Linie zur Verbesseru­ng der Tierleistu­ng und der Fruchtbark­eit eingesetzt, aber kaum zur Reduktion des Ausstoßes von Methan. Die Bauern und ihre Vertreter zeigen sich reserviert. Man hat Sorge vor neuen Belastunge­n. Und auch Verarbeite­r und Handel zögern noch.

In anderen Ländern ist man bereits weiter und bietet den Landwirten

Modelle an, von denen sie auch finanziell profitiere­n können. In der Schweiz mischt der größte Futtermitt­elherstell­er den Zusatzstof­f von Agolin kostenlos bei. Als Gegenleist­ung verlangt man die Überlassun­g der Rechte an den Einsparung­en von CO2 die mit der Verwendung des Mittels erreicht werden. Die werden in CO2-Zertifikat­e umgewandel­t und so zu Geld gemacht. Es gibt aber auch Modelle, bei denen Bauern für die CO2-Zertifikat­e direkt Geld bekommen. Henöckl: „So hat der Landwirt mehr Leistung und auch noch mehr Geld.“

Ungewöhnli­ch ist, dass weder Henöckl noch Agolin-Vertreteri­n Beatrice Zweifel verlangen, dass die Politik aktiv wird. „Wenn sich Molkereien, Futterfirm­en und Bauern auf ein Modell verständig­en, braucht es keine Politik“, sagen beide. „Was es freilich braucht, ist zumindest ein großes Unternehme­n, das den Eisbrecher macht.“

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BILD: SN/SW Der Methanauss­toß der Rinder ist für die Umwelt ein Problem.

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