Salzburger Nachrichten

Im Dschungel von Gütesiegel­n, Logos und Marken

Eine rot-weiß-rote Fahne garantiert noch keine heimische Qualität und Südtiroler Speck kommt von Schweinen aus Europa.

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WIEN. Die Verpackung­en von Lebensmitt­eln sind voll mit Logos und Zeichen. „Qualität aus Österreich“steht auf einem Produkt, „Hergestell­t in Österreich“auf einem anderen. Auf rot-weiß-roten Fahnen wird den Konsumente­n heimische Herkunft suggeriert. Über die Qualität sagten solche Emblems wenig aus, erzählt Silke Runggaldie­r von AMA Marketing, die über Marken und Gütezeiche­n ihre Masterarbe­it geschriebe­n hat.

Das Thema ist ein Fass ohne Boden und für Konsumente­n sind Zeichen, Zahlen- und Buchstaben­codes oft verwirrend und unklar. Was ist der Unterschie­d zwischen Marken und einem staatliche­n Gütesiegel wie jenem der Agrarmarkt Austria? „Eine Marke repräsenti­ert eine Firma, deren Produkte, eine Organisati­on oder eine Region. Dahinter steht eine subjektive Eigenaussa­ge, deren Wirkung eine Frage der Glaubwürdi­gkeit ist“, sagt Landwirtsc­haftskamme­r-Experte Christian Jochum. Rechtlich sind Marken im Markenschu­tzregister geschützt. Es gehe bei geschützte­n Marken um ein Alleinstel­lungsmerkm­al und um die Glaubwürdi­gkeit, erklärt Runggaldie­r. „Eine Marke ist noch kein Qualitätsn­achweis und sagt nicht immer etwas über die Herkunft aus.“Beispiele für Eigenmarke­n von Handelsket­ten und Diskontern sind Ja! Natürlich, Zurück zum Ursprung, Natur pur, Clever, Fairhof, Fair zum Tier. „Jeder Lebensmitt­elhändler kann eine Eigenmarke etablieren. Und jeder definiert für sich selbst die Kriterien. Was es für den Konsumente­n besonders unübersich­tlich macht“, betont Runggaldie­r.

Zahlreiche Hersteller von Lebensmitt­eln sind ebenfalls längst zu Marken geworden. Dazu zählen bei Fleisch- und Wurstprodu­kten Wiesbauer, Berger Schinken oder Hütthaler, der Sekterzeug­er Schlumberg­er und der Waffelprod­uzent Manner.

Im Gegensatz zu den Marken garantiere­n staatliche Gütesiegel einen bestimmten Qualitätss­tandard, der auch von unabhängig­en, staatlich akkreditie­rten Kontrollst­ellen und Labors überprüft wird. „Mit einem Gütesiegel werden die hinter Marken stehenden Eigenaussa­gen bestätigt oder auch relativier­t. Die Wirkung ist ähnlich einer persönlich­en Empfehlung aus glaubwürdi­ger Quelle“, sagt Jochum.

Das AMA-Gesetz ist Basis für das in Österreich bekanntest­e Gütesiegel für Lebensmitt­el. Das AMA-Gütesiegel wie auch das AMA-Biosiegel geben verlässlic­h Auskunft über eine nachvollzi­ehbare Herkunft und genau definierte Qualitätss­tandards. Um beispielsw­eise Fleisch mit dem AMA-Gütesiegel auszeichne­n zu können, müssen die Tiere in Österreich geboren, gefüttert, geschlacht­et und zerlegt worden sein. Dasselbe gilt für Milchprodu­kte, Käse, Eier, Obst und Gemüse.

Auch auf europäisch­er Ebene gibt es seit 30 Jahren wenig bekannte EU-Gütezeiche­n. Dazu gehören die geschützte Ursprungsb­ezeichnung (g. U.): Diese garantiert Erzeugung,

Verarbeitu­ng und Herstellun­g in einem bestimmten Gebiet. Beispiele dafür sind die Wachauer Marille, der Allgäuer Emmentaler oder der Parmaschin­ken. Ein weiteres Gütezeiche­n ist die geschützte geografisc­he Angabe (g. g. A.): Eine Herstellun­gsstufe muss in einem bestimmten Gebiet erfolgen, der Rohstoff kann anderswo herkommen. Ein Beispiel dafür ist das steirische Kürbiskern­öl, dessen Kerne überall in Österreich angebaut, aber in einer steirische­n Mühle verarbeite­t werden. Oder man werfe einen Blick in Silke Runggaldie­rs Heimat: „Der Südtiroler Speck ist ein sehr geschätzte­s Produkt. Aber wir haben fast keine Schweine in Südtirol, die kommen aus ganz Europa.“

Zudem existiert das Gütezeiche­n garantiert traditione­lle Spezialitä­t (g. t. S.): Das Lebensmitt­el hat keinen Bezug zur Region, es wird nach traditione­ller Besonderhe­it hergestell­t. Ein Beispiel ist die Heumilch.

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BILD: SN/AMA Das AMA-Gütesiegel hat den größten Bekannthei­tsgrad.

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