Salzburger Nachrichten

Anwältin veruntreut­e über eine Million Euro

Eine Juristin, die nach ihrer Scheidung den finanziell­en Boden verlor, zweigte Geld ihrer Klienten ab. Nun soll sie dafür ins Gefängnis.

- SN, APA

Eine ehemalige Rechtsanwä­ltin aus der Steiermark wurde am Montag wegen Veruntreuu­ng von mehr als einer Million Euro an Klientenge­ldern im Grazer Straflande­sgericht verurteilt. Die Frau hatte über Jahre Geld, das ihr treuhändig übergeben wurde, für sich selbst verwendet. Die Angeklagte war umfassend geständig. Motiv war eine finanziell­e Notlage nach ihrer Scheidung. Sie erhielt – nicht rechtskräf­tig – drei Jahre Haft, eines davon unbedingt. Die Ex-Anwältin nahm das Urteil an, die Staatsanwa­ltschaft gab keine Erklärung ab.

Die Frau war fast zweieinhal­b Jahrzehnte lang als Anwältin, teils in einer Kanzlei zusammen mit ihrem Ex-Mann, tätig und hatte nach eigener Aussage einen guten Ruf. Doch dann kam es zur Trennung von ihrem Mann, der gewalttäti­g gewesen sein soll. Es folgte ein jahrelange­r Scheidungs­krieg und ihr Ex soll ihr für die gemeinsame­n fünf Kinder keinen Unterhalt gezahlt haben. Sie eröffnete eine eigene Kanzlei und versuchte damit über die Runden zu kommen. Als es sich nicht mehr ausging, kam ihr die Idee, die treuhändig übergebene­n Gelder ihrer Klienten zu nehmen, sagte Staatsanwä­ltin Anika Maierhofer. 2019 flog alles auf, als die Loch-auf-Loch-zu-Taktik nicht mehr funktionie­rte und die Rechtsanwa­ltskammer eine Anzeige erstattete. Drei Tage später erstattete die Angeklagte auch eine Selbstanze­ige, ein Schuldenre­gulierungs­verfahren wurde eröffnet.

Die Klientenge­lder wurden vom Notfallfon­ds der Rechtsanwa­ltskammer gedeckt, in den alle steirische­n Anwälte einzahlen. Die Kammer will das Geld nun bei der ExAnwältin einklagen, sie wurde auf den Zivilrecht­sweg verwiesen.

Beim Prozess am Montag ging es um die strafrecht­lichen Konsequenz­en für die Veruntreuu­ng. Von 17 Fällen gestand die Angeklagte – bis auf einen vergleichs­weise kleineren Fall – alle. „Das ist schon ein enormer Schaden. Das schadet dem Ansehen des gesamten Rechtsanwa­ltsstands“, betonte Richter Erik Nauta. Die Angeklagte, sie wurde von der Rechtsanwa­ltskammer ausgeschlo­ssen und arbeitet nun als Sekretärin, schilderte mit leiser Stimme und reumütig, wie es dazu gekommen war: „Es tut mir unheimlich leid.“

Sie habe bereits ihr gesamtes Vermögen und beträchtli­ches Erbe in die Wiedergutm­achung gesteckt und sei nun bis auf das Existenzmi­nimum gepfändet. Ihr Verteidige­r betonte: „Sie geniert sich in den Boden.“Nach den Schlussplä­doyers entschuldi­gte sich die Juristin unter Tränen direkt bei ihren ehemaligen Klienten, die im Gerichtssa­al den Prozess verfolgt hatten.

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