Klimaschützer hoffen auf Lula
Die Präsidentenwahl in Brasilien ist auch ein Kampf um die grüne Lunge der Welt. Denn wird Jair Bolsonaro wiedergewählt, ist die weitere Abholzung des Amazonasregenwaldes wahrscheinlich.
BRASILIA, MEXIKO-STADT. Allein im
August wurden im Amazonasgebiet 33.116 Brände gezählt, die höchste Zahl seit 2010, wie das Nationale Institut für Weltraumforschung (INPE) in Brasilien mitteilte. Ein Großteil dieser Feuer ist zur Brandrodung gelegt worden. Geht diese Zerstörung des Regenwaldes in dem
Tempo weiter, ist laut Experten bald der Kipppunkt erreicht, an dem der
Schaden unwiderruflich ist. Laut Marcio Astrini von der Klimabeobachtungsstelle Observatório do Clima kann das derzeit noch verhindert werden: „Dafür muss Bolsonaro aber abgelöst werden.“Denn die dringendste Maßnahme in naher Zukunft sei die Vertreibung von Landräubern, die sich indigene Gebiete angeeignet hätten – mit Unterstützung der Regierung.
Der Amazonasregenwald erstreckt sich über neun Staaten. 60 Prozent liegen in Brasilien, es folgt Peru mit einem Anteil von 12 Prozent. Für das Weltklima ist das Gebiet entscheidend. Der Kampf um Brasiliens Präsidentschaft ist so auch ein Ringen um das Schicksal der grünen Lunge des Planeten.
Im Wahlkampf betonte Jair Bolsonaros Herausforderer Luiz Inácio „Lula“da Silva seine grüne Seite. Er
versprach, den Raubbau am Amazonas und das Eindringen illegaler
Holzfäller, Goldsucher und Viehzüchter zu stoppen. Die von Bolsonaro ausgebluteten Schutz- und Kontrollorgane wie die Umweltund Indigenenbehörden sollen wieder handlungsfähig werden.
In Lulas Amtszeit zwischen 2003 und 2011 konnte Brasilien die Entwaldung um knapp 80 Prozent reduzieren. Fielen 2004 noch 28.000
Quadratkilometer Regenwald der
Abholzung zum Opfer, waren es zum Ende seines Mandats nur 4500 Quadratkilometer. Dadurch entwickelte sich Brasilien zu einem wichtigen Akteur beim globalen Klimaschutz. Heute, zum Ende von Bolsonaros vierjähriger Amtszeit, ist die Lage anders. Seit seinem Amtsantritt stieg die Entwaldung von 7500 auf über 13.000 Quadratkilometer
im Jahr 2021. Zwischen 2020 und 2021 verschwand ein Gebiet des Regenwaldes,
das siebzehn Mal der Größe New Yorks entspricht.
Lulas größter Trumpf in der Klimapolitik ist Umweltikone Marina Silva. Die Gründerin der Grünen Partei war viele Jahre seine Verbündete und saß in seinen ersten Kabinetten als Umweltministerin. 2008 wandte sie sich wegen seiner Megaprojekte in der Amazonasregion von ihm ab. Nun unterstützt sie Lula wieder – und verleiht ihm damit Glaubwürdigkeit.