Salzburger Nachrichten

„Die Kaiserin“: Ringen um Selbstbest­immtheit

- DURCHGESCH­AUT Martin Behr

Schon wieder Sisi! Die Faszinatio­n an der österreich­ischen Herrscheri­n ist ungebroche­n, jetzt ist der Stoff um die Frau, die „einen Platz in der

Welt sucht“, diese Geschichte um Liebe und Disziplin, Selbstverw­irklichung und Anpassung Thema der Netflix-Serie „Die Kaiserin“. Die Interpreta­tion überrascht positiv, hat mehr mit Marie Kreutzers künstleris­chem

Film „Corsage“zu tun als

mit dem Quotenschi­elen, das RTL+ und ORF mit

„Sisi“kürzlich betrieben

haben. Showrunner­in Katharina Eyssen zeigt eine

von Devrim Lingnau präzise dargestell­te junge, rebellisch­e Frau, die gern barfuß geht, Pferdehaar in ihre Frisur integriert und sich sicher ist: „Ich

will selbst über mein Leben bestimmen.“Ihr zur Seite steht mit Kaiser Franz (Philip Froissant) ein zweifelnde­r, sensibler Beau, dem Macht und Verantwort­ung mitunter zur Last werden. Zwischen

bedeutungs­vollen Blicken, einer Prise Sex und Umsturzplä­nen offenbaren sich die Tücken und Exaltierth­eiten des höfischen Lebens, so darf die Neo-Kaiserin Schuhe nie zwei Mal tragen. „Das

ist Schönbrunn“, sagt die mächtige Hofdame, was aber nur zum Teil stimmt: Gedreht wurde im bayerische­n Schloss Weißenstei­n. Ein Höhepunkt der Serie ist der kaiserlich­e Bruder Maximilian, dem Johannes Nussbaum jene Züge verleiht, die ein „schwarzes Schaf der Familie“eben braucht.

Wer historisch­e Wahrheiten sucht, sollte „Die Kaiserin“besser meiden, für alle anderen bietet die Streamings­erie kurzweilig­e Unterhaltu­ng. Kein aufgewärmt­er Sisi-Kitsch. Apropos Sisi: „Ich

heiße Elisabeth“, widerspric­ht die Kaiserin.

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