Skandal um Sportlehrer weitet sich aus
Jahrelanger Missbrauch von Buben: ÖVP wirft den Wiener Behörden „Systemversagen“vor. Pädagoge war in zweitem Sportverein tätig.
WIEN. Kein Tag ohne neue Erkenntnisse im Missbrauchsfall rund um einen Sportlehrer einer Wiener Mittelschule, der mehr als zwei Dutzend Buben im Alter von 9 bis 14 Jahren missbraucht haben dürfte, bevor er im Jahr 2019 Suizid beging.
Wie sich am Samstag herausstellte, war der Pädagoge auch in einem zweiten Sportverein tätig. Während er in einem Club der Sportunion eine leitende Funktion innehatte, war er auch als Basketballtrainer
bei einem zweiten, einem anderen Verband unterstehenden Verein im Einsatz. Der Präsident dieses Vereins betonte, dass kein Kind Opfer
von Missbrauch geworden sei. Dies deshalb, weil die Trainings seit jeher von zwei Personen geleitet würden: „Er war nie alleine mit den Kids. Es war immer ein zweiter Trainer dabei.“Der Mann sei „zwei bis drei“Jahre als Basketballtrainer tätig gewesen. Der Sportlehrer habe die U10-Mannschaft der Buben betreut, sagte der Vereinspräsident.
Erst am Freitag hatte die Wiener Bildungsdirektion nach neuen Hinweisen ihre Untersuchungen bis ins Jahr 1996 zurück ausgedehnt. Das
war das Jahr, in dem der Sportlehrer an einer Wiener Schule zu arbeiten
begann. Nach aktuellem Stand soll es über zahlreiche Jahre hinweg
nicht nur an der Schule in Wien, sondern auch bei Feriencamps und in Sportvereinen zum Missbrauch von Buben gekommen sein. Unter
Verdacht stehen auch zwei mutmaßliche Mittäter.
Familienministerin Susanne Raab und Bildungsminister Martin Polaschek (beide ÖVP) sprechen indes von „Systemversagen“aller befassten Wiener Behörden. „Wie
kann es sein, dass bereits vor vielen Jahren Anzeige erstattet wurde, aber es zu keinen Ermittlungen kam? Wie kann es sein, dass die
Wiener Bildungsdirektion schon Jahre davon wusste, aber nicht für
vollständige Aufklärung sorgte und der beschuldigte Lehrer weiterhin in Sportvereinen und Feriencamps
tätig sein konnte?“, fragte sich Raab. Sie forderte „hundertprozentige Aufklärung und strengere Gesetze, wenn es darum geht, wer unsere Kinder betreut“.
Die Bildungsdirektion wies die Anschuldigungen zurück. Man arbeite seit 2019 daran, die Vorfälle aufzuarbeiten.