Wo Tommy Hilfiger mit dem Fiaker vorfährt
Moden von Trachten Lanz kleiden bereits seit einem Jahrhundert. Die nächste Generation steckt schon in den Trachtenschuhen.
SALZBURG. Es ist ein Ritual, das
Willi Lanz jeden Morgen begeht, wenn er das Büro im Stammhaus Lanz in der Imbergstraße um 8
Uhr betritt. Um 9 Uhr hat er die ersten administrativen Schritte
hinter sich gebracht, dann ist es Zeit, um ins Wohnzimmer zu
wechseln. Das Café Bazar bezeichnet er als dieses. Seit über
40 Jahren nimmt der 70-Jährige am Stammplatz in der Sitzecke
hinten links Platz und bestellt einen kleinen Braunen. Unter dem Tisch liegt Henri, sein vierbeiniger Begleiter. Selbst er ist vertraut mit dem Kaffeehaus und strahlt eine schon fast stoische Ruhe aus, ohne einen Laut oder gar Gebelle von sich zu geben.
Zurück zum Herrchen: „Andere Unternehmer nehmen an Videokonferenzen teil, ich gehe
lieber ins Bazar und führe tiefgründige persönliche Gespräche.“30 Tage ist es her, dass der Festspielsommer zu Ende ging.
Trotzdem – Willi Lanz bezieht sich im Gespräch gleich auf diesen. So erleichtert sei er, dass es
ein umsatzstarker Sommer gewesen sei. Endlich seien wieder viele nationale und internationale Kundinnen und Kunden nach Salzburg zurückgekehrt und in seinem Geschäft eingekleidet
worden. „Die Pandemie war eine herausfordernde und schwierige Zeit für das Unternehmen“, sagt Lanz. Touristen und selbst Stammkunden seien ausgeblieben. Dabei sind es gerade die prominenten Stammkunden, an die sich Lanz gerne erinnert. „Tommy Hilfiger reiste im Privatjet extra zu uns nach Salzburg, ließ sich vom Fiaker am Flughafen abholen und kaufte dann so derart
viel bei uns ein, dass wir durch seinen Einkauf einen Umsatzrekord erwirtschafteten. Mein Bruder dachte zuerst, der Mann sei
verrückt.“Die Liste an prominenten Persönlichkeiten, die eine Tracht aus dem Hause Lanz gekauft haben, lässt sich mit dem Gästebuch des Unternehmens rekonstruieren: Marlene Dietrich,
das monegassische, belgische, schwedische, englische und dänische Königshaus zählen zu den Kunden. Im Gästebuch notiert ist auch die Einkaufstour von Karl
Lagerfeld, der mehrmals bei Lanz einkaufte.
Die Festspiele seien sein unternehmerisches Fundament und ein wahrhaftiger Wirtschaftsmotor, sagt Lanz. Dann schwenkt er in die Vergangenheit: „Früher stand im Vertrag jener Schauspieler, die den ,Jedermann‘ verkörperten, dass Teil der Gage eine Lederhose vom Lanz ist.“Gänzlich ungetrübt ist der unternehmerische Blick des 70-jährigen Salzburgers bei all dem Erfolg nicht. „Die wirtschaftliche Allgemeinlage ist verrückt.“Erst
wenn sich diese wieder stabilisiere, möchte er in zwei neue Geschäfte investieren. Die Salzburger Altstadt sei im Umbruch, was die freien Geschäftsflächen betreffe, das möchte er nutzen. Mit einer Filiale in Lech am Arlberg liebäugelt er schon länger.
Gegründet wurde das Trachtenunternehmen am 17. Oktober 1922 von den Bergkameraden Josef Lanz und Fritz Mahler. „Wir sind das älteste Trachtengeschäft der Welt“, sagt Lanz. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigte man in den Hochphasen in Salzburg, St. Gilgen und
Wien. Heute sind es rund 70 Mitarbeiter. Personalmangel
herrscht auch im Traditionshaus. „Wir suchen Damenschneider, Herrenschneider und Verkäufer.“
Auch Lehrlinge bilde man aus. Produziert werde ausschließlich in Österreich.
Willi Lanz stieg 1983 als Geschäftsführer ein. Er übernahm
die Anteile seines Vaters gemeinsam mit seinem Bruder Nikolaus.
Dieser trat vor drei Jahren aus dem operativen Geschäft zurück. „Auch die Nachfolge ist schon geregelt, durch meine Tochter Theresa.“Die 38-Jährige möchte die Tradition erhalten und dabei
klein und hochwertig bleiben.
„Die Festspiele sind unser unternehmerisches Fundament.“Willi Lanz, Lanz Trachtenmoden