Salzburger Nachrichten

SPÖ auf der Suche nach sich selbst

Offiziell soll erst nach den nächsten Wahlen in Kärnten und Salzburg geredet werden. Intern aber brodelt es wie eh und je.

- MARIA ZIMMERMANN

Unterschie­dlicher könnten die Einschätzu­ngen nicht sein. Auf der einen Seite die roten Spitzenfun­ktionäre am Wahlabend: „Warum soll Feuer am Dach sein?“, fragte Franz Schnabl, nachdem die SPÖ in Niederöste­rreich von der FPÖ auf Platz drei verdrängt worden war und das historisch schlechtes­te Ergebnis eingefahre­n hatte. Ein Konnex zwischen dem schlechten Abschneide­n in St. Pölten und dem Zustand der Bundespart­ei? Könne er nicht erkennen, betonte SPÖBundesg­eschäftsfü­hrer Christian Deutsch. Und der stv. Klubchef im Nationalra­t, Jörg Leichtfrie­d, sagte am Montag, die finale Analyse der „leichten Verluste“seiner Partei in Niederöste­rreich werde „noch ein bissl Zeit brauchen“.

Für viele in der SPÖ – und das ist die andere Seite – liegt diese Analyse längst glasklar auf dem Tisch: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ihr Umfeld seien „natürlich“mitverantw­ortlich für das „desaströse Ergebnis“, heißt es da etwa. Wenn die Partei nicht einmal bei einem sozialdemo­kratischen Kernthema wie dem Kampf gegen die Teuerung punkte, müsse man sich die Frage stellen, was falsch laufe. „Alle wissen es, alle reden darüber, aber offiziell darf keiner was sagen, weil der, der das ausspricht, dann schuld am schlechten Ergebnis ist“, formuliert es ein SPÖ-Kenner im SN-Gespräch emotional.

In der SPÖ herrsche ein „Klima der Verleugnun­g“, sagt ein anderer. Dass man den Umfragenvo­rsprung des Vorjahres – da lag die SPÖ auf

Platz eins – verspielt habe und nun FPÖ-Chef Kickl auf dem Weg Richtung Kanzleramt sei, sei „ein Drama“. Auf Twitter meldete sich Nikolaus Kowall, einer der kritischen Geister der SPÖ, zu Wort: „Ich fasse es nicht, dass mir das über die Lippen kommt, aber vielleicht war Alfred Gusenbauer kein so schlechter Opposition­sführer.“Damals habe die SPÖ immerhin dazugewonn­en und sogar Landeshaup­tleute „gedreht“, schreibt er. Und ein Ex-Spitzenfun­ktionär meint: Ein Parteimana­ger und ein stv. Klubchef, die beide fehl am Platz seien, und dazu eine Parteichef­in, die sich „verkriecht“: „Wie soll das funktionie­ren?“

Während es im roten Richtungss­treit intern wieder wild brodelt, halten sich die Landespart­eien mit offizielle­r Kritik zurück – auch die burgenländ­ische SPÖ von RendiWagne­rs

Widersache­r Hans Peter Doskozil. Der Grund ist naheliegen­d: Niemand will Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser schaden. Der darf bei der Landtagswa­hl am 5. März auf ein akzeptable­s rotes Ergebnis hoffen – auch wenn die FPÖ in Kärnten ebenfalls im Aufwind ist. Man wolle jetzt keine Personalde­batte, heißt es da wie dort. „Eine bundespoli­tische Diskussion vor Landtagswa­hlen in Kärnten akzeptiere ich nicht“, teilte Kaiser via APA mit. Weiteres könne man nach den Wahlen in Kärnten und Salzburg (im April) besprechen.

Für den ehemaligen Innenminis­ter

Karl Schlögl ist die Sache relativ klar: Die SPÖ werde dann wieder erfolgreic­h sein, wenn sie eine „Mittelinks“-Politik fährt wie die Sozialdemo­kraten in Dänemark oder Hans Peter Doskozil im Burgenland, sagt er im SN-Gespräch. Was er meint: sozialpoli­tisch einen linken Kurs fahren, aber in Asyl-, Zuwanderun­gsund Sicherheit­sfragen einen strikten Weg verfolgen. „Natürlich ist die Asyl- und Zuwanderun­gsfrage eine entscheide­nde. Da gibt es eine große Verunsiche­rung – zum Teil durch die Massenzuwa­nderung in den vergangene­n fünf bis sieben Jahren –, verbunden mit einem Anstieg der Kriminalit­ät und zunehmende­n Problemen mit Parallelge­sellschaft­en“, sagt Schlögl, der an der Spitze des Innenresso­rts von 1997 bis 2000 genau so einen Kurs gefahren ist und als Verbinder zur FPÖ galt. Dafür wurde er damals von Teilen seiner Partei ebenso harsch kritisiert wie Hans Peter Doskozil heute. „Bei Asyl muss die SPÖ klar Flagge zeigen, denn da geht es um die Frage,

wie wir in Österreich künftig gut zusammenle­ben können“, sagt Schlögl, der lange Bürgermeis­ter in Purkersdor­f war und heute kein Amt mehr innehat. Zwar gebe es ein kluges Positionsp­apier zu Asyl und Zuwanderun­g, das 2018 von Doskozil und Kaiser ausgearbei­tet wurde – noch unter Christian Kern übrigens, der seit Jahr und Tag ausschließ­t, wieder in die Politik zurückzuke­hren. Diese Position werde aber nach außen hin nicht klar und einheitlic­h vertreten.

Auch in der Coronapoli­tik seien Schnitzer passiert, sagt Schlögl. „Da haben wir teils noch härtere Maßnahmen als die Regierung gefordert“, sagt er. Er sei ein absoluter Impfbefürw­orter, aber in der Frage „des Impfzwangs hätte die SPÖ sich gegen zu starke Eingriffe in die Grund- und Freiheitsr­echte sehr wohl starkmache­n können“, betont Schlögl. Für ihn steht fest: „Wir brauchen keinen Wähleraust­ausch mit Grünen und Neos, sondern mit ÖVP und FPÖ.“

„Bei Asyl muss die SPÖ klar Flagge zeigen“

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WWW.SN.AT/WIZANY Fata Morgana . . .

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