Salzburger Nachrichten

Kaiser zierten sich mit Priesterin

Die Reichskron­e in der Wiener Schatzkamm­er birgt Überraschu­ngen.

- HEDWIG KAINBERGER Weitere Bilder finden Sie unter Weiter Erläuterun­gen unter projekt-reichskron­e.at

Die Kaiser des Heiligen Römischen Reichs trugen in ihrer Krone das Bild einer Mänade, also einer dionysisch­en Priesterin. Der lila Stein in der in der Schatzkamm­er in Wien verwahrten Reichskron­e – ein bedeutende­s Symbol europäisch­er Geschichte – zeigt so eine Mänade mit einer Theatermas­ke, die zwischen 50 und 25 v. Chr. in einen Amethyst geschnitte­n worden ist. Dass dies für diesen Bildtypus das schönste und früheste Beispiel ist, haben Forscher in einem 1,3 Mill. Euro teuren Projekt erkannt. Dieses und weitere Ergebnisse wurden am Montag in Wien im Kunsthisto­rischen Museum (KHM) vorgestell­t. Dies ist erst der Anfang. Bis Ende 2024 werden mit neuesten Techniken die Materialie­n, die Verarbeitu­ngen und die Bildprogra­mme der Reichskron­e untersucht.

Wozu also trugen – bis rund 1500 vom Papst – gekrönte Kaiser das Bild einer Mänade auf dem Kopf? Erstaunlic­herweise ist dieses Bild auf die Innenseite der Krone gewendet. Und eine zweite, ähnlich eingesetzt­e antike griechisch­e Gemme zeigt einen Hafen mit Schiffen.

Eine Überraschu­ng hat das Institut für Mineralogi­e und Kristallog­raphie

der Universitä­t Wien dem roten Spinell in der Stirnplatt­e entlockt: Dieser wurde auf fast 1000 Grad Celsius erhitzt, bevor er eingesetzt wurde. Auch heutzutage werde ein Spinell mit solcher Hitze behandelt, um seine Farbe zu kräftigen, heißt es in den Presseunte­rlagen. Aber vor Hunderten Jahren?

Gemme wie Spinell sind wie ein Amuse-Gueule für das, was zu erkunden ist. Etwa: Stammt die Krone aus dem 10. oder 12. Jahrhunder­t? Was ist Original und was wurde bei jahrhunder­telanger Benutzung und folglichen Schäden und Reparature­n eingefügt? Neben KHM sowie Universitä­ten in Wien und Graz sind u. a. das Rathgen-Forschungs­labor in Berlin, der Domschatz in Essen, das Erzbistum Köln, die Bayerische Staatsbibl­iothek sowie der Louvre in Paris eingebunde­n.

www.SN.at/kultur.

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Mänaden-Gemme der Reichskron­e.

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