Rache für die Trennung kommt musikalisch
Shakira ist nicht die Einzige, die ihrem Ex mittels Rachesong ein musikalisches Abschiedsgeschenk macht.
Er habe einen Ferrari gegen einen Twingo getauscht und eine Rolex gegen eine Casio: Mit diesen Worten rechnet Popstar Shakira (45) in ihrem aktuellen Lied „Music Sessions #53“offensichtlich mit Ex-Partner Gerard Piqué (35) ab. Das Paar hatte sich nach zwölf gemeinsamen Jahren im vergangenen Sommer getrennt. Der Profifußballer ist mutmaßlich nun mit einer deutlich jüngeren Frau zusammen. Shakira ist nicht der einzige Popstar, der in einem Song mit dem ExPartner abrechnet. Und damit Erfolg hat. Das Video wird auf YouTube millionenfach geklickt.
Noch erfolgreicher ist die neue Single von US-Sängerin Miley Cyrus. Mit der Trennungshymne „Flowers“, die viele Menschen im Netz auch für einen Rachesong halten, dominiert sie weltweit die Charts. Unter anderem in den USA, Großbritannien, Kanada und der Schweiz schafft es die 30-Jährige damit an die Spitze. In dem Hit verarbeitet der ehemalige Kinderstar – offensichtlich – die Trennung von ihrem Ex-Mann, dem Schauspieler Liam Hemsworth (33, „Die Tribute von Panem“). Sie besingt den Brand ihres gemeinsamen Hauses. Dass es ihr nach der Trennung nun wieder besser geht, deutet die Schauspielerin schon mit den Worten „neues Jahr, neue Miley“an, mit denen sie ihre neue Single kurz nach Silvester ankündigt hat. Im Musikvideo zeigt sie sich selbstbewusst in einem extravaganten goldenen Kleid und tanzt erst in den Hollywood Hills und später in einem Herrenanzug. „I can buy myself flowers“(„Ich kann mir selber Blumen kaufen“) ist dabei die Zeile, die zum Ohrwurm wird. Aber nicht nur Miley Cyrus und Shakira besingen ihren Kummer. Lied und (Liebes-)Leid liegen auch für andere Künstler oft nah beieinander. So verarbeitet etwa Justin Timberlake seine Trennung von Popikone Britney Spears vor mehr als 20 Jahren mit dem Hit „Cry Me a River“, was grob übersetzt „Wein dich aus“bedeutet. Britney Spears wird in dem
Musikvideo von einem Double verkörpert, was dem Rachesong noch mehr Aufmerksamkeit brachte.
Die Authentizität mache Rachesongs so erfolgreich, sagt Musiker und Diplompsychologe Michael Wecker in Berlin, der den Verein Mental Health in Music mitgegründet hat. Liebe sei in jedem zweiten
Popsong das Thema. „Wer selber mal Songtexte geschrieben hat, weiß, dass es wirklich schwierig ist, auf etwas Sinnvolles zu kommen“, sagt der 40-Jährige. Was einen bewege und etwas in einem auslöse, sei oft der Treibstoff, mit dem man Texte schreibe. Künstlerisch sei man dafür dankbar, auch wenn es persönlich schwierig oder sehr belastend sei – wie im Fall von Shakira. Der Popstar und der Ex-Fußballweltmeister haben zwei Kinder zusammen.
Das „Echte“ziehe das Publikum an und mache aus Rachesongs oft Hits, so Wecker. In der Musikgeschichte haben sie eine lange Tradition. „Im Hip-Hop und im Rap heißen sie Diss-Tracks und spielen eine ganz große Rolle“, so der Musikexperte. Das bestätigt auch Gregor Schwellenbach vom Institut für Popmusik der Folkwang-Universität der Künste in Bochum. „Rachesongs sind kein eigenes Genre in der Musik, sie kommen aber immer wieder vor“, erklärt er. Die Verwandtschaft mit den Diss-Tracks sei da, doch die Auseinandersetzungen im Hip-Hop und im Rap seien deutlich weniger persönlich. Es gehe eher darum, Reviere abzustecken und das Gesicht zu wahren.
Wecker ergänzt: „Auch da wissen alle Beteiligten, dass Auseinandersetzungen Aufmerksamkeit und Klicks bringen.“Ein netter Nebeneffekt, von dem auch Shakira und Miley Cyrus nun profitieren. „Es macht die Vermarktung der Songs einfacher, wenn ein Lied Schlagzeilen macht und eine Geschichte dahintersteckt“, sagt Wecker.
Einen Nachteil hat das Ganze aber, so Wecker: „Die Krux an der Sache mit den Rachesongs ist: Man muss sie immer wieder singen, auch wenn das Liebesaus schon längst überwunden ist.“