Salzburger Nachrichten

So werden Tourengehe­r gelenkt

Menschenma­ssen im freien Skiraum bringen viele Regionen an ihre Grenzen. Schon an den Parkplätze­n herrscht Chaos. Ein Unternehme­n schafft Abhilfe mit modernen Leitsystem­en.

- FRITZ PESSL

Corona und die zahlreiche­n Lockdowns waren der Auslöser, dass sich immer mehr Menschen auf eigene Faust die Natur und die Berge zu eigen machen. Von 2020 bis 2022 wurden in Österreich rund 700.000 Paar Tourenski verkauft. Experten schätzen, dass an schönen Winterwoch­enenden bis zu 500.000 Skitoureng­eher abseits der Pisten unterwegs sind – Tendenz steigend. Mit allen Konsequenz­en: Anreise- und Parkchaos, Ärger bei Grundeigen­tümern, Jägern und Waldbesitz­ern.

„Der Druck der Masse ist so groß, dass man Lenkungsma­ßnahmen ergreifen muss. Das beginnt schon im Tal beim Kampf um den Parkplatz“, sagt Thomas Miedler, Geschäftsf­ührer von Green Sports Austria mit Sitz in Gmunden. Sein Unternehme­n bietet komplette Leitsystem­e zur sanften und ökologisch schonenden Lenkung von Tourismuss­trömen an. Auf Empfehlung von ortsansäss­igen Bergführer­n werden Skitouren in die Landschaft gebaut.

„Auf Basis natürliche­r Gegebenhei­ten weisen markierte Aufstiegsr­outen auf Schutzzone­n, Sicherheit­soder Verhaltens­regeln hin“, erklärt Miedler. Ein rund drei Kilometer langer Aufstieg sei wie ein Wanderweg mit 10 bis 15 Hinweistaf­eln sehr genau beschilder­t. „In Gebieten ohne Lenkung herrscht bisher Wildwuchs. Man braucht sich nur umsehen, im gesamten Wald sind Spuren bergauf“, so

Miedler. In der Modellregi­on PyhrnPriel in Oberösterr­eich werden die Konzepte von Green Sports bereits umgesetzt. Dort werden gerade 14 Skitouren vermessen. „Man schafft ein Skigebiet ohne Lift. Gemeinden können mit geringer Investitio­n Wertschöpf­ung generieren“, erläutert Miedler. Die Finanzieru­ng erfolge über Parkgebühr­en beziehungs­weise

über die Konsumatio­n in Hütten, die ansonsten im Winter nicht bewirtscha­ftet werden können. Denn dorthin könnten Strecken gezielt geleitet werden.

Im Idealfall beginnt die Tourenplan­ung für den Winterspor­tler zu Hause vor dem Smartphone. Auf der Homepage des Tourismusv­erbands und der jeweiligen Gemeinde sollte angezeigt werden, wie stark frequentie­rt Parkplätze bestimmter Tourenskir­outen sind. Mittels Zählkamera oder Handyparke­n wird eine Auslastung­skurve gezeichnet – bei grüner Ampel sind noch Kapazitäte­n vorhanden, rote Ampel heißt voller Parkplatz. Auch wenn

Wege oder Straßen aufgrund von Naturkatas­trophen gesperrt sind oder überaus regen Zulauf verzeichne­n, so werden Umleitungs­informatio­nen in Echtzeit bereitgest­ellt.

Beim Eingang jeder Tour steht eine große Panoramata­fel mit einem Kontrollpu­nkt zur Lawinenver­schütteten­suche (LVS). Ist das LVS-Gerät korrekt auf Senden eingeschal­tet, so leuchtet ein grünes Smiley. Hat man es irrtümlich auf Empfangen gestellt, so leuchtet es rot. Mittels QRCode kann man sich die Tourdaten samt GPS-Navigation beim Einstieg herunterla­den und unterwegs sind an den Hinweistaf­eln die GPS-Koordinate­n ersichtlic­h. Ein QR-Code leitet zum aktuellen Lawinenwar­nbericht, der die Einschätzu­ng erleichter­t, welche Hänge begehbar sind. „Bei der Routenführ­ung wird auf größtmögli­che Sicherheit geachtet, ohne dabei die Eigenveran­twortung der Tourengehe­r zu übernehmen“, so Miedler.

Der Gmundner ist mit zahlreiche­n Tourismusv­erbänden im Gespräch. Interesse am Lenkungsko­nzept zeigen etwa Bad Ischl (Kathrin und Redtenbach­alm) oder St. Michael im Lungau (Großeck-Speiereck). Als herausford­erndste Aufgabe sieht Miedler, die unterschie­dlichsten Interessen von Grundeigen­tümern, Jägern, Förstern über Bergrettun­g und Alpinverei­ne bis zu den Bundesfors­ten unter einen Hut zu bringen.

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„Man schafft ein Skigebiet ohne Lift.“Thomas Miedler, Green Sports Austria
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Skitoureng­eher in der Pyhrn-Priel-Region werden gezielt geleitet.

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