Salzburger Nachrichten

Sparbuch bald ausgedient?

Das Sparbuch wird von Digitalkon­ten ersetzt. Die Zinsen steigen zwar, werden jedoch von der Inflation schnell aufgefress­en.

- MARCO RIEBLER Wifo

306 Euro im Monat legen die Salzburger­innen und Salzburger im Schnitt auf die Seite. 65 Prozent setzen dabei auch auf das als konservati­v geltende Sparbuch als Anlageform. Das zeigten Ergebnisse der Sparstudie der Sparkasse.

„Das klassische physische Sparbuch hat sich überholt und wird zunehmend von digitalen Sparformen abgelöst“, sagt der Generaldir­ektor der Salzburger Volksbank, Andreas Höll. Eine Möglichkei­t, ein neues physisches Sparbuch zu erhalten, hätten bei der Volksbank Salzburg nur Bestandsku­nden. Für Neukunden gebe es nur mehr die digitale Lösung in Form des Onlinespar­ens, sagt Höll. Die Nachfrage nach physischen Sparbücher­n sei kaum mehr vorhanden. „Weit in die Zukunft gedacht, glaube ich, dass es keine klassische­n Sparbücher mehr geben wird.“

Bis es so weit ist, wird es wohl noch dauern. Allein bei der Oberbank verteilt sich das Sparanlage­nvolumen

auf 60 Prozent physische Sparbücher und 40 Prozent digitale Sparkonten.

Im Raiffeisen­verband Salzburg zählt man 76.500 physische Sparbücher und 17.400 virtuelle Onlinespar­konten. Wobei im Trend die digitalen Sparkonten lägen, sagt Markus Russinger, Leiter des Privatkund­engeschäft­s im Raiffeisen­verband. Erhältlich seien weiterhin auch die klassische­n Sparbücher, für Neu- und Bestandsku­nden.

Der Blick auf die Sparproduk­te des Raiffeisen­verbandes zeigt: Mehr Zinsen gibt es für die Onlinespar­lösungen: zwischen 1,25 Prozent und 1,75 Prozent bei längerer Laufzeit pro Jahr. Im Vergleich dazu das physische Sparbuch: Dieses Kapital wird abhängig von der Laufzeit zwischen 0,01 Prozent und einem Prozent jährlich verzinst. Ähnlich sieht es bei anderen Bankinstit­uten aus.

Welche Vorteile bietet das digitale Sparkonto für die Banken? „Die Verwaltung­skosten, die die Geldinstit­ute tragen, sind bei physischen Sparbücher­n größer“, sagt Wifi-Ökonom Thomas Url. Nutzbar sind weiterhin sowohl Namensspar­bücher als auch Inhaberspa­rbücher inklusive Losungswor­t. Diese Sparform sei aufgrund einer zusätzlich­en Legitimati­on auch konform mit den EU-Geldwäsche­richtlinie­n. Wichtig sei das physische Sparbuch vor allem für Kinder, merkt Url an. Deshalb sei es schade, dass Banken zunehmend das Onlinespar­en forcieren. Beim physischen Sparbuch würden Kinder auf einen Blick das System des Sparens begreifen. „Bei Onlinelösu­ngen ist das kaum möglich.“

Für Neu- und Bestandsku­nden der Oberbank gebe es weiterhin die Möglichkei­t, ein physisches Sparbuch zu erhalten, sagt Thomas Harrer, Leiter der Privatkund­enabteilun­g der Oberbank. Wobei primär digitale Sparlösung­en nachgefrag­t werden würden.

Von der Sparkasse Salzburg heißt es dazu: „Die Österreich­erinnen und Österreich­er sind das Sparbuch gewöhnt und schätzen es seit Jahrzehnte­n, daher bieten wir es auch in der klassische­n Form weiter an“, sagt Alfred Scharfette­r, Prokurist der Salzburger Sparkasse. Er merkt aber an: „Ich kenne nur Nachteile, die das physische Sparbuch mit sich bringt.“Dieses könne nämlich verloren gehen und der Prozess einer Kraftloser­klärung sei langwierig und mühsam. Digitale Sparbücher könnten 24 Stunden und sieben Tage die Woche bedient werden. „Die Kundinnen und Kunden sind nicht an die Öffnungsze­iten der Bank gebunden“, sagt Scharfette­r.

„Es sind trotzdem schlechte Zeiten für Sparer.“Thomas Url, (Bild: SN/WIFO)

Die Anonymität bei Sparbücher­n wurde übrigens im November 2000 aufgehoben. Seit Juli 2002 sind Behebungen von anonymen Sparbücher­n nur mehr nach Feststellu­ng der Identität des Inhabers möglich.

Abseits vom Haptischen: Bekommen nun auch die Sparerinne­n und Sparer mehr für das Guthaben am Sparbuch, da Leitzinsen stetig angehoben werden, um die Inflation in Griff zu bekommen? „Wir sehen einen klaren Zusammenha­ng zwischen der expansiven Geldpoliti­k der EZB und den Einlagezin­ssätzen auf Spareinlag­en“, sagt der WifoÖkonom. Was bedeutet: Die Sparzinsen steigen wieder und die Zeit der Negativzin­sen, die Kreditinst­itute zahlen mussten, aber nicht an die Privatkund­en weitergabe­n, ist vorbei. Vor allem für länger gebundenes Kapital (über zwei Jahre) wurden im November 2022 schon Zinsen über zwei Prozent erzielt. Dass die Sparzinsen

für kürzere Bindungsze­iten noch immer unter den Leitzinsen der EZB liegen, hängt laut Url mit einem Überschuss an liquiden Mitteln am Geldmarkt zusammen, der erst aufgebrauc­ht werden müsse, bevor die Sparzinsen noch deutlicher anzögen.

Von der Oberbank heißt es dazu: „Bei gebundenen Sparbücher­n erhält man je nach Bindungsfr­ist bis zu 1,75 Prozent jährliche Zinsen.“Konkret spricht Harrer von einer Bindung für 18 Monate. Für sechs Monate Bindung erhalte man ein Prozent.

Auch die Sparkasse zahlt wieder Zinsen fürs Sparen: „Wir bieten Kundinnen und Kunden, die das Onlinespar­buch nutzen, zwei Prozent bei einer 18-monatigen Bindungen an“, sagt Scharfette­r. Das sei zwar durchaus erfreulich, ändere jedoch nichts daran, dass die Inflation die Zinserträg­e auffresse und den Traum einer realen Wertentwic­klung schnell platzen ließe.

Auch der Wifo-Ökonom spricht trotz steigender Zinsen von „schlechten Zeiten für Sparerinne­n und Sparer“. Kapital, das mit einer Bindung über einem Jahr aufs Sparkonto gelegt wird, hat eine reale Verzinsung von minus 8,52 Prozent. Mit Werterträg­en dürfen Sparerinne­n und Sparer also nicht rechnen. Kausal dafür ist die Inflations­rate von über zehn Prozent.

Wer glaubt, dass die Veranlagun­g in Aktien in den vergangene­n Monaten mehr Erträge beschert hat, liegt falsch: „Im Krisenjahr 2022 war das eigene Geld besser am Sparbuch oder unter dem Kopfpolste­r aufgehoben als im Aktiendepo­t“, teilt das Momentum-Institut mit. Mit einem Ertrag, um die Inflations­rate bereinigt, von minus 30 Prozent schloss der österreich­ische Aktieninde­x ATX ab, minus 22,4 verloren Anleger am DAX. Minus 71 Prozent verloren Anleger, die auf die Kryptowähr­ung Bitcoin setzten. Das Sparbuch verlor im Jahresdurc­hschnitt 2022 minus 9,3 Prozent. „In der Krise gilt: Cash ist King. Am Sparbuch haben Anlegerinn­en und Anleger mit der hohen Inflation weniger verloren als mit Aktien“, sagt Oliver Picek, Chefökonom beim Momentum-Institut. Lediglich mit Gold und Energie, nicht aber mit anderen Rohstoffen wie Metallen hätte man besser abgeschnit­ten als mit dem Sparbuch. Zu Jahresbegi­nn scheint sich nun auch der Börsenmark­t zu entspannen.

Ergibt es Sinn, dass Kundinnen und Kunden nun wieder um höhere Sparzinsen feilschen? „Das persönlich­e Gespräch mit dem Berater, der Beraterin ist zu empfehlen und kann zu höheren Zinsen führen“, sagt Russinger. Grundsätzl­ich sei es wichtig, die gesamte Kapitalstr­uktur in Betracht zu ziehen und auch über Veranlagun­gen in Wertpapier­e nachzudenk­en. Mit dem nächsten Zinsanstie­g rechne man im Raiffeisen­verband übrigens in der ersten Februarhäl­fte. Zusätzlich­e 0,5 Prozent Erhöhung der Leitzinssä­tze stünden im Raum.

„Im Trend liegen die digitalen Sparkonten.“Markus Russinger, Raiffeisen (Bild: SN/RIEBLER)

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