Pleiten, Pech und Pannen in Berlin
Berlin wiederholt die Chaos-Wahlen von 2021 mit neuen Skurrilitäten.
Die Nachricht klingt nach Erfolg. Zumindest für eine Autokratie. Das ODIHR, das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE, empfiehlt, auf eine Wahlbeobachtung zu verzichten. Nur: Es handelt sich um Berlin. Das ODIHR hat zum Jahresbeginn ein Team in Deutschlands Hauptstadt entsandt, weil sich dort im September 2021 das spektakulärste Wahldesaster in knapp 74 Jahren bundesdeutscher Geschichte zutrug.
Die Berliner hatten sich zugetraut, an einem einzigen Tag eine Bundes- und eine Landtagswahl zu stemmen, dazu die Kür der zwölf Bezirksparlamente, einen Volksentscheid und, ganz nebenbei, den viertgrößten Marathon der Welt. Das war grandios schiefgegangen. Und der Landesverfassungsgerichtshof
verfügte, die Wahlen fürs Abgeordnetenhaus und die Bezirksparlamente zu wiederholen, und zwar am 12. Februar. Diesen Termin bestätigte am Dienstag auch das Bundesverfassungsgericht.
Dem Rest der Republik gilt das Wahldebakel als Beweis für den ewigen Schlendrian an der Spree, den Christdemokraten als Beleg, dass Berlin nach 22 Jahren endlich wieder schwarz werden muss. Und Christdemokrat Kai Wegner hat auch gute Chancen auf das Berliner Bürgermeisteramt. Die GrünenSpitzenkandidatin Bettina Jarasch allerdings auch. Noch mehr als die CDU lechzt die SPD im Bund nach einem Erfolg. Bei Umfragen steht die Kanzlerpartei bundesweit gerade mal bei 20,5 Prozent – die Union liegt acht Prozentpunkte vorn.
Den Berlinerinnen und Berlinern aber gehen die Befindlichkeiten der Bundesparteien sonst wo vorbei. Könnten sie die Regierende oder den Regierenden direkt bestimmen, würden sich 34 Prozent für die amtierende Bürgermeisterin Franziska Giffey von der SPD entscheiden, 20 für Wegner und nur 15 für Jarasch.
Spannend bleibt auch, ob die Wahl diesmal rechtssicher ablaufen wird. Es gibt aber schon erste Pannen: ein falsches Wahldatum auf einer englischsprachigen Infobroschüre, doppelt verschickte Briefwahlunterlagen, falsche Namen auf Stimmzetteln. Und Kandidaten, die gar nicht mehr ins Abgeordnetenhaus wollen, aber trotzdem antreten müssen – weil es eine Wiederholung ist, keine Neuwahl. Das ist zwar kein Patzer, aber dennoch ziemlich skurril.
Kandidaten, die nicht gewählt werden wollen