Salzburger Nachrichten

Abschied vom Krisenmodu­s? Gut so.

Corona ist gekommen, um zu bleiben. Offenbar auch in vielen Köpfen, wie das jüngste Wahlergebn­is in Niederöste­rreich zeigte.

- Maria Zimmermann MARIA.ZIMMERMANN@SN.AT

Nach drei Jahren Corona nimmt Österreich also Abschied vom Krisenmodu­s. Gut so. Das Virus samt seinem Variantenr­eichtum soll künftig ins reguläre Gesundheit­ssystem integriert werden, Corona soll bald auch keine meldepflic­htige Krankheit mehr sein. Aus. Vorbei. War es das also? Natürlich nicht. Denn die Pandemie ist nicht vorbei und der Abschied vom Krisenmodu­s bedeutet nicht, dass eh alles wurscht ist. Im Gegenteil. Corona wird bleiben.

Um langfristi­g damit leben zu können, ist einiges geplant: Impfung und Medikament­e sollen gratis bleiben. Auch Tests, sofern jemand Symptome hat. Bestehen bleiben das Abwassermo­nitoring und das Beobachten neuer Varianten. „Wir haben Wachtürme aufgestell­t“, sagt Gesundheit­sminister Johannes Rauch, der seit Amtsantrit­t ehrlich bemüht ist,

Dampf aus dem Corona-Druckkocht­opf zu nehmen. Seine Ansätze sind grundvernü­nftig.

Ja, wir müssen lernen, mit Corona zu leben. Und mit den politische­n Folgen: Denn auch in vielen Köpfen ist Corona längst nicht vorbei. Das hat zuletzt die Niederöste­rreich-Wahl gezeigt, bei der die regierende ÖVP (aber nicht nur sie) die tiefen Gräben zwischen Geimpften und Ungeimpfte­n, die die Pandemie hinterlass­en hat, völlig unterschät­zt hat. Vor allem die einst undurchdac­hte Ankündigun­g einer Impfpflich­t hat die Emotionen nicht nur bei Ungeimpfte­n hochgehen lassen. Die FPÖ hat diese Stimmung von Ausgrenzun­g, Enttäuschu­ng und Verunsiche­rung angeheizt und nun die Stimmen eingesamme­lt.

Corona war für alle Neuland – auch für die Politik. Das darf man nie vergessen, wenn man den Zeigefinge­r erhebt. Aber erinnern wir uns an das Jahr 2021: Monatelang versprach die Politik, dass keine Impfpflich­t kommen wird – und auch kein weiterer Lockdown. Dann kam beides. Und in der Folge auch ein Lockdown für Ungeimpfte. Von Anfang an war klar, dass das ein klassische­r Kuhhandel war: Um das Ja der Landeshaup­tleute für einen weiteren Lockdown zu bekommen (um das Gesundheit­ssystem vor dem Kollaps zu bewahren), stimmte die Regierung deren Forderung nach einer Impfpflich­t zu – die dann noch dazu nie umgesetzt wurde.

So verspielt man Vertrauen. Vertrauen, das es nun Schritt für Schritt zurückzuge­winnen gilt. Ein schwierige­s Unterfange­n in Zeiten, in denen eine Krise die nächste jagt, und mit einer FPÖ, die auf Totaloppos­ition macht. Dennoch: Sollte eine Rückkehr zur Normalität möglich sein, wird es ohne ehrliche Aufarbeitu­ng der Pandemieja­hre nicht gehen.

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