Expertenanalyse zeigt Überförderung auf
Der Energiekostenzuschuss II schießt bei moderater Energiepreisentwicklung übers Ziel hinaus.
Österreich könnte bei Fördermaßnahmen wieder über das gesetzte Ziel hinausschießen. Mit dem Energiekostenzuschuss II hat die Regierung eine Vorgabe im Visier: Wettbewerbsnachteile gegenüber Deutschland auszugleichen, die nach der dort für 2023 beschlossenen Strom- und Gaspreisbremse drohten. Die Maßnahme war nicht treffsicher. Es droht Überförderung.
Das bestätigt eine am Mittwoch publizierte gemeinsame Analyse der Büros des Fiskal- und Produktivitätsrats auf Basis von Simulationsrechnungen. Bei der sich derzeit abzeichnenden moderaten Energiepreisentwicklung würde laut Analyse eine Überförderung im Vergleich zum deutschen Nachbarn entstehen: „Unter derzeitigen Gegebenheiten ist somit eine Förderung österreichischer Unternehmen abzusehen, welche über die Schaffung eines ,Level Playing Field‘ gegenüber Deutschland hinausgeht.“Level Playing Field beschreibt das eigentlich „Österreich fördert stärker als Deutsche.“ angestrebte Ziel, dass alle nach den gleichen Regeln spielen.
„Hauptaussage ist, dass wir davon ausgehen können, dass Österreich tendenziell stärker fördert als Deutschland, sofern die Energiepreise sich so entwickeln wie zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen“, erklärt der Ökonom Manuel GruberNémet vom Büro des Fiskalrats – er ist gemeinsam mit Michael Weichselbaumer vom Büro des Produktivitätsrats Autor der Studie.
Beide Länder berechnen die Voraussetzungen für ihre Energiepreishilfen völlig unterschiedlich. Während die deutschen Preisbremsen den realisierten Preis im Förderzeitraum mit einem festgesetzten Preis vergleichen, ist in Österreich der Vergleichspunkt der individuell bezahlte Preis vor der Krise. „Das heißt: Hierzulande kommen auch Förderungen zustande, wenn sich die Preise relativ moderat entwickeln“, erklärt Gruber-Német.
Dies bedingt laut der Analyse auch ein erhöhtes Risiko, im Unterschied zu Deutschland Unternehmen am Leben zu erhalten, die ohne Subventionen mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitnah in Konkurs oder Insolvenz schlittern würden.
Die Analyse errechnet bei der absehbaren moderaten Energiepreisentwicklung bei kleineren Unternehmen und Gewerbebetrieben in Österreich eine klare Überförderung. Eine „gewisse Überförderung“sei unter aktuell abzusehenden Preisen auch bei mittleren und großen Industriebetrieben festzustellen – diese würden jedoch bei einer dynamischen Energiepreisentwicklung in Deutschland stärker gefördert werden als in Österreich. Gruber-Német verweist auf die potenziell massiven Auswirkungen der Energiekostenzuschüsse auf den Staatshaushalt.
Was tun? „Unter Umständen könnte man reagieren, indem man in den Förderrichtlinien etwas weniger großzügige Zuschüsse gewährt. Dies vor allen in Bereichen, wo sich zeigt, dass Österreich unter den derzeit abzusehenden Energiepreisen deutlich stärker fördert als Deutschland“, so Gruber-Német.
Der Energieexperte Lukas Stühlinger hatte bereits vor Wochen vor einer starken Überförderung durch die Energiehilfen gewarnt. Er sieht seine Berechnungen nun „im Wesentlichen bestätigt“. Ziel der Regierung sei es gewesen, den Wettbewerbsnachteil gegenüber der deutschen Industrie aufgrund der Strom- und Gaspreisbremse auszugleichen. Der Energiekostenzuschuss II schieße aber beim stark gesunkenen Energiepreisniveau tatsächlich „weit übers Ziel hinaus“.
Auch Stühlinger schlägt „dringend Anpassungen zum aktuellen Modell“vor. „Eine Möglichkeit wäre es, so wie in Deutschland einen Mindestenergiepreis einzuführen, ab dem die Förderung greift.“