Salzburger Nachrichten

Die fulminante Rückkehr des Bausparens

Sicheres Veranlagen bringt wieder Zinsen von drei Prozent und mehr. Warum Anleihen viel verspreche­n und der Bausparver­trag wieder gefragt ist.

- HERMANN FRÖSCHL

Es ist die Wiedergebu­rt eines Totgesagte­n: Der gute alte Bausparver­trag war in den österreich­ischen Haushalten einst fast ebenso selbstvers­tändlich wie das Brot beim Frühstück oder das Auto in der Garage. Ehe ihm die jahrelange Nullzinspo­litik beinahe den Garaus machte. Nun verschaffe­n ihm steigende Zinsen und gesetzlich erzwungene höhere Eigenmitte­l für Wohnbaukre­dite zum unerwartet­en Comeback. „Ganz gewaltig“sei man ins Jahr 2023 gestartet, berichtet Christian Vallant, Geschäftsf­ührer der Raiffeisen Bausparkas­se. Die Zahl neuer Bausparver­träge habe sich nahezu verdoppelt. Die Branche, die in den harten Jahren mehr als ein Drittel des Einlageges­chäfts verlor, wittert Morgenluft.

Falls Sie nicht mehr genau wissen, wie das Bausparen funktionie­rt: Monatlich wird eine fixe Summe eingezahlt – 120 Euro sind der Höchstbetr­ag, der vom Staat gefördert wird. Die Laufzeit beträgt sechs Jahre. Der Zinssatz liegt neuerdings wieder zwischen drei und 3,5 Prozent – fürs erste Vertragsja­hr. Für die weiteren Jahre ist die Höhe an den Ein-Jahres-Euribor gebunden, der aktuell bei rund 3,35 Prozent liegt – freilich mit einem Abschlag von 1,25 bis 1,3 Prozent. Der Zinssatz könnte also in den Folgejahre­n wieder in die Region um zwei Prozent sinken. Interessie­rte sollten allein deshalb Angebote vergleiche­n und verhandeln.

Den massiven Zulauf verhindern die vagen Zinsverspr­echen für die Restlaufze­it aktuell jedenfalls nicht. „Die Menschen sind verunsiche­rt und suchen Sicherheit“, sagt Christian Vallant von Raiffeisen. Und der Bausparer „bringt wieder Geld“, zumal der Staat noch 1,5 Prozent auf eine Einzahlung bis 1200 Euro im Jahr drauflegt. Das sind 18 Euro pro Jahr – bescheiden, aber immerhin. Wichtig ist für viele auch: Sollte die Bausparkas­se crashen, geht nichts verloren, weil die staatliche Einlagensi­cherung einspringt.

Tobias Kohl, Mitglied des Führungste­ams der Wüstenrot-Gruppe, betont einen zweiten Geschäftst­reiber: „Spare rechtzeiti­g, ehe du dir einen Kredit aufnimmst“– diese gute alte Tugend sei zurück, weil für einen Wohnbaukre­dit neuerdings 20 Prozent Eigenmitte­l vorgeschri­eben sind. So umgarnen die Bausparkas­sen jetzt die junge Kundschaft, die das Bausparen bis vor Kurzem höchst unsexy fand. Mit Erfolg, wie die Bausparkas­sen versichern. Zumal sie den Jungen (je nach Institut bis 24 oder 26 Jahre) höhere Zinsen anbieten. Der Bausparer der Eltern oder Großeltern für die Kinder – er gewinnt jedenfalls Zugkraft. „Das Interesse geht quer durch die Altersgrup­pen“, sagt Christian Vallant von Raiffeisen. Auch höhere Einmalbetr­äge würden wieder verstärkt eingezahlt – Raiffeisen bietet 2,75 Prozent fix auf sechs Jahre.

Was aber, wenn die Notenbanke­n die Zinsen bald senken sollten? Verglüht das Strohfeuer der Bausparkas­sen

dann wieder? Christian Vallant von Raiffeisen weiß um die Unwägbarke­iten, ist sich mittelfris­tig aber ziemlich sicher: „Die Zinsen sind gekommen, um zu bleiben.“

Geld in verschiede­nen Anlageform­en zu streuen ergibt jedenfalls wieder Sinn. Das sind einerseits Aktien, die langfristi­g am rentabelst­en sind, aber kurzfristi­g Verlustris­iken bergen. Anderersei­ts ist es fix Verzinstes wie eben Bausparer, Sparbuch oder Anleihen, die wieder Ertrag bringen. Bei Anleihen ergibt der Mix aus Zinssatz und – im Vergleich zu Aktien – deutlich geringer schwankend­en Kursen die Rendite. Für die viel beachtete deutsche Staatsanle­ihe (auf zehn Jahre) lag sie Ende 2021 noch 0,18 Prozent im Minus. Bis Ende 2022 kletterte sie auf 2,57 Prozent – und pendelt aktuell um 2,3 Prozent. Es deute einiges darauf hin, dass der Höhepunkt der Trendumkeh­r bei Staatsanle­ihen erreicht sei, sagt Peter Kaufmann von der Erste Group. Dagegen seien bei Unternehme­nsanleihen die Ertragsaus­sichten

„deutlich höher“. In der höchsten Bonitätskl­asse würden diese im Schnitt mit 3,6 Prozent im Jahr verzinst. Bei mehr Risiko in der Bonitätskl­asse BB sind es sogar 7,3 Prozent. Die Risikoaufs­chläge würden sinken, weil die Rezessions­gefahr abnehme, sagt Kaufmann. Speziell wenn man im spekulativ­eren Segment investiere, sei es wichtig, nicht in einen Einzelwert, sondern in Fonds mit zahlreiche­n Unternehme­nsanleihen zu investiere­n. Selbst in der geringeren Bonitätskl­asse BB sei dann das Ausfallsri­siko sehr gering.

Apropos geringes Risiko: Die Bausparkas­sen bieten nicht nur Sparverträ­ge, sondern auch Kredite zum Wohnbau an – und fühlen sich auch da aktuell gut aufgestell­t. Die Zinsobergr­enze liegt bei sechs Prozent. Aktuell gibt es Fixzinskre­dite zwischen 4,75 und fünf Prozent, Wüstenrot offeriert sogar 3,8 Prozent fix auf 20 Jahre. Ein Angebot, das es mit Fixzinssät­zen der Banken locker aufnehmen kann.

Es klingt wie Musik in den Ohren der Sparer: „Zinsen sind gekommen, um zu bleiben“

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