Wohnbau: Bund dreht Geldhahn auf
Gemeinnütziger Wohnbau und Häuslbauer sollen profitieren. Regierung arbeitet an Paket in dreistelliger Millionenhöhe.
Die Rufe nach mehr Steuergeld, um den stark rückläufigen Wohnungsbau im Land zu stabilisieren, werden erhört: Die türkisgrüne Regierung arbeitet an einem Paket, dessen Ziel eine Belebung der Bauwirtschaft und insbesondere des geförderten Wohnbaus ist. Dies vor dem Hintergrund, dass die Baubewilligungen in Österreich seit 2022 stark zurückgehen und mit zuletzt 34.000 Wohneinheiten binnen weniger Jahre halbiert wurden. Dazu kommt, dass die Mittel der Wohnbauförderung in Österreich in der langen Niedrigzinsphase von über drei Milliarden Euro im Jahr 2000 auf zuletzt 1,9 Milliarden Euro zurückgefahren wurden. Was in Zeiten stark gestiegener Baukosten und Zinsen zu wenig ist, um noch ausreichenden erschwinglichen Wohnraum zu realisieren.
ÖVP und Grüne bringen derzeit ihre Vorschläge auf den Verhandlungstisch. Eine finale Abstimmung gibt es noch nicht. Das Paket wird deshalb frühestens Ende Februar geschnürt sein. Eine Stoßrichtung ist, den gemeinnützigen Wohnbau anzukurbeln. Konsens herrscht, dass zusätzliche Mittel an konkrete Kriterien geknüpft werden müssen und auch die thermische Sanierung sowie Erweiterung bestehenden Wohnraums ein wichtiger Teil sein soll. Das kurble einerseits die Baukonjunktur an, habe andererseits aber auch positive Umwelteffekte (Klimaschutz, keine Versiegelung), heißt es aus Verhandlungskreisen. Höchst umstritten ist aber der Vorschlag der ÖVP, dass Gemeinnützige Wohnungen zum Errichtungspreis an Kaufinteressenten abgeben sollen. Das käme einer Enteignung gleich, sagen die Wohnbauträger. Die ÖVP will auch Eigentum fördern, nachdem der Bau von Eigenheimen durch Kostenschübe und strenge Kreditvorschriften de facto zum Erliegen gekommen ist. Hier fordert die ÖVP etwa die steuerliche
Absetzbarkeit von
Kreditzinsen sowie die Streichung aller Gebühren und Steuern beim ersten Eigenheim.
Bei der Grunderwerbsteuer werden die Grünen aber wohl nicht mitziehen.
Eine Summe zur Höhe des Pakets lässt sich niemand entlocken. Es wird aber ein dreistelliger Millionenbetrag sein. Die Bauwirtschaft hatte zuletzt eine zusätzliche Milliarde pro Jahr vom Bund gefordert. Ein Begehren, das selbst bei einigen Verhandlern Argwohn verursacht. Immerhin steht die Bauwirtschaft aktuell im Zentrum des größten Kartellverfahrens in der Geschichte der Wettbewerbsbehörde BWB, bei der speziell im Straßenbau Preisabsprachen aufgedeckt wurden. Bisher wurden neun Baufirmen, darunter Strabag oder Porr, zu Geldstrafen von 178,7 Millionen Euro verdonnert. Vier Verfahren sind anhängig. Zudem hat die Baubranche in den Vorjahren satte Gewinne gemacht und steht im Verdacht, im Zuge der Lieferengpässe während Corona höhere Margen durchgesetzt zu haben. Was die Branche zurückweist.
Trotzdem würden auch Experten zusätzliches Bundesgeld für den Wohnbau begrüßen. 2023 sei ein beinahe verlorenes Jahr für den Wohnbau gewesen und die nächsten zwei Jahre würden noch schwieriger, sagt Wifo-Ökonom Michael Klien. „Eine antizyklische Politik wäre deshalb angebracht.“Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) sieht das ähnlich. „Wir steuern auf eine massive Angebotslücke zu.“Und in den Ballungsräumen lägen die Mieten teilweise schon jetzt bei 20 Euro pro Quadratmeter. „Das ist beunruhigend.“
Bis Ende Februar ist Einigung möglich