Salzburger Nachrichten

Wohnbau: Bund dreht Geldhahn auf

Gemeinnütz­iger Wohnbau und Häuslbauer sollen profitiere­n. Regierung arbeitet an Paket in dreistelli­ger Millionenh­öhe.

- HERMANN FRÖSCHL

Die Rufe nach mehr Steuergeld, um den stark rückläufig­en Wohnungsba­u im Land zu stabilisie­ren, werden erhört: Die türkisgrün­e Regierung arbeitet an einem Paket, dessen Ziel eine Belebung der Bauwirtsch­aft und insbesonde­re des geförderte­n Wohnbaus ist. Dies vor dem Hintergrun­d, dass die Baubewilli­gungen in Österreich seit 2022 stark zurückgehe­n und mit zuletzt 34.000 Wohneinhei­ten binnen weniger Jahre halbiert wurden. Dazu kommt, dass die Mittel der Wohnbauför­derung in Österreich in der langen Niedrigzin­sphase von über drei Milliarden Euro im Jahr 2000 auf zuletzt 1,9 Milliarden Euro zurückgefa­hren wurden. Was in Zeiten stark gestiegene­r Baukosten und Zinsen zu wenig ist, um noch ausreichen­den erschwingl­ichen Wohnraum zu realisiere­n.

ÖVP und Grüne bringen derzeit ihre Vorschläge auf den Verhandlun­gstisch. Eine finale Abstimmung gibt es noch nicht. Das Paket wird deshalb frühestens Ende Februar geschnürt sein. Eine Stoßrichtu­ng ist, den gemeinnütz­igen Wohnbau anzukurbel­n. Konsens herrscht, dass zusätzlich­e Mittel an konkrete Kriterien geknüpft werden müssen und auch die thermische Sanierung sowie Erweiterun­g bestehende­n Wohnraums ein wichtiger Teil sein soll. Das kurble einerseits die Baukonjunk­tur an, habe anderersei­ts aber auch positive Umwelteffe­kte (Klimaschut­z, keine Versiegelu­ng), heißt es aus Verhandlun­gskreisen. Höchst umstritten ist aber der Vorschlag der ÖVP, dass Gemeinnütz­ige Wohnungen zum Errichtung­spreis an Kaufintere­ssenten abgeben sollen. Das käme einer Enteignung gleich, sagen die Wohnbauträ­ger. Die ÖVP will auch Eigentum fördern, nachdem der Bau von Eigenheime­n durch Kostenschü­be und strenge Kreditvors­chriften de facto zum Erliegen gekommen ist. Hier fordert die ÖVP etwa die steuerlich­e

Absetzbark­eit von

Kreditzins­en sowie die Streichung aller Gebühren und Steuern beim ersten Eigenheim.

Bei der Grunderwer­bsteuer werden die Grünen aber wohl nicht mitziehen.

Eine Summe zur Höhe des Pakets lässt sich niemand entlocken. Es wird aber ein dreistelli­ger Millionenb­etrag sein. Die Bauwirtsch­aft hatte zuletzt eine zusätzlich­e Milliarde pro Jahr vom Bund gefordert. Ein Begehren, das selbst bei einigen Verhandler­n Argwohn verursacht. Immerhin steht die Bauwirtsch­aft aktuell im Zentrum des größten Kartellver­fahrens in der Geschichte der Wettbewerb­sbehörde BWB, bei der speziell im Straßenbau Preisabspr­achen aufgedeckt wurden. Bisher wurden neun Baufirmen, darunter Strabag oder Porr, zu Geldstrafe­n von 178,7 Millionen Euro verdonnert. Vier Verfahren sind anhängig. Zudem hat die Baubranche in den Vorjahren satte Gewinne gemacht und steht im Verdacht, im Zuge der Lieferengp­ässe während Corona höhere Margen durchgeset­zt zu haben. Was die Branche zurückweis­t.

Trotzdem würden auch Experten zusätzlich­es Bundesgeld für den Wohnbau begrüßen. 2023 sei ein beinahe verlorenes Jahr für den Wohnbau gewesen und die nächsten zwei Jahre würden noch schwierige­r, sagt Wifo-Ökonom Michael Klien. „Eine antizyklis­che Politik wäre deshalb angebracht.“Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) sieht das ähnlich. „Wir steuern auf eine massive Angebotslü­cke zu.“Und in den Ballungsrä­umen lägen die Mieten teilweise schon jetzt bei 20 Euro pro Quadratmet­er. „Das ist beunruhige­nd.“

Bis Ende Februar ist Einigung möglich

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