Hat das Radio eine Zukunft?
Zum bevorstehenden Weltradiotag: Wird die KI die menschliche Moderation ersetzen? In Österreich ist das erste KI-Radio bereits gestartet. Indessen hat Ö1 sein Programm reformiert.
Wie wird sie aussehen, die Zukunft des Radios? Und: Hat Radio überhaupt eine Zukunft? Werden die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz dazu führen, dass es bald nur noch KIModeratoren zu hören geben wird, die in ein auf Zielgruppen, ja auf Einzelpersonen speziell abgestimmtes Programm einführen? Schon jetzt gibt es etwa in Amerika Dienste und Radiosender (etwa NPR One), bei denen ein Algorithmus ein individuelles Programm für die Hörerinnen und Hörer zusammenstellt.
Auch in Österreich gibt es KI-Pioniere. „Antenne Vorarlberg Dance Radio KI Inside“heißt der erste komplett durch KI gesteuerte Radiosender, der zudem von einer künstlichen Intelligenz namens Betty moderiert wird. Bald schon werde, sagt Antenne-VorarlbergGeschäftsführer Mario Mally, Betty mit österreichischem Akzent zu hören sein. Nachsatz: „Für uns ist das KI-Radio ein fantastisches Experiment, von dem das ganze Team profitiert.“
Der World Radio Day, der am 13. Februar begangen wird, ist ein guter Anlass, über die Zukunft des Mediums Radio nachzudenken. ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher stellt angesichts aller KI-Realitäten und -Visionen auf SN-Anfrage klar: „Was auf Sendung geht, ist das Ergebnis der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten, Gestalterinnen und Gestaltern, also von Menschen, die zwischen wahr und falsch unterscheiden können.“Gleichzeitig könne künstliche Intelligenz im Hintergrund bei Recherche, Datenaufbereitung und -analyse, Archivsuche und ähnlichen Vorbereitungsaufgaben die Arbeit der Radiomacher in Zukunft produktiv unterstützen: „Wir stehen dieser neuen Technologie also aufgeschlossen, aber natürlich mit der nötigen kritischen Distanz gegenüber.“
Obwohl das Radio in Österreich bereits 100 Jahre alt ist, gilt es immer noch als schnelles und direktes
Medium – Medientheoretiker Marshall McLuhan sprach ja von einem „heißen Medium“. Was müsse Radio in Zeiten, in denen soziale Medien boomen, leisten, um nicht an Relevanz zu verlieren? „Radio muss seine Rolle als lineares Audioangebot und informierende Tagesbegleitung wahrnehmen und zusätzlich Formate anbieten, die in den sozialen Medien auch Gehör finden und geteilt werden können“, sagt Thurnher.
Erst kürzlich hat Thurnher Ö1 reformiert, der Kultursender erhielt etwa eine Tagesmoderation. Warum? „Ziel ist es, den Programmfluss von Ö1 zu optimieren und ein eigenes ,Listen and Feel‘ zu geben. Ö1 wird, auch wenn es weiterhin einzelne Sendungen beinhaltet, deutlich stärker als bisher der Funktion eines tagesbegleitenden Radioprogramms entsprechen und unmittelbar auf Aktuelles reagieren können.“Wen will Ö1 neu ansprechen? „Alle Kultur- und Informationsinteressierten, die auch Hintergrundinformationen zum kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben wünschen.“Wichtig sei das Zusammenspiel von aktueller Berichterstattung, reflektierenden Sendeformaten, Musik und angewandter Audiokunst. Ingrid Thurnher: „Diese Ausrichtung auf qualitative Sendungsinhalte spricht Menschen ab 35 in besonderem Maße an.“
Zum Weltradiotag am Dienstag hat Ö1 einen Thementag gestaltet. 14 Ö1-Sendungen – von „Guten Morgen mit Ö1“bis zum „Ö1-Konzert“– stehen im Zeichen des „World Radio Day“. In den „Gedanken für den Tag“(6.57 Uhr) reflektiert Dom-Museum-Wien-Direktorin Johanna Schwanberg etwa über die Intimität des Radios und die gleichzeitige Offenheit, der Fantasie freien Lauf zu lassen. In den „Radiogeschichten“(11.05 Uhr) ist Garrison Keillors „Radio Romance“Thema, in „Hörbilder Spezial“(16.05 Uhr) die Rolle von Orson Welles im US-amerikanischen Rundfunk.