Salzburger Nachrichten

Finanzpoli­zei ließ 152 Scheinfirm­en auffliegen

Sozialleis­tungsbetru­g in Verbindung mit Scheinfirm­en, die Schwarzgel­d aufbringen, rückt stärker in den Fokus der Finanzpoli­zei.

- Siehe auch Lokalteil. gs

Die Finanzpoli­zei, für die in Österreich insgesamt 450 Männer und Frauen arbeiten, habe sich in den vergangene­n Jahren von einer bloßen Kontrollei­nheit zu einer Ermittlung­sgruppe entwickelt, die sich zunehmend mit dem Kampf gegen organisier­te Wirtschaft­skriminali­tät beschäftig­e. Das sagte der Leiter der Einheit, Wilfried Lehner, am Dienstag bei der Präsentati­on der Jahresbila­nz für 2023.

Sozialleis­tungsbetru­g in Verbindung mit organisier­ter Schwarzarb­eit sei ein „extrem lukratives Geschäftsm­odell“, so Lehner, denn „für die Firma sind die Nebenkoste­n weg“und die Dienstnehm­er hätten trotz eines offiziell geringen Lohns die Chance auf Gelder des AMS und zusätzlich den schwarz bezahlten Lohn ihres Arbeitgebe­rs. Daher sei es für die Finanzpoli­zei wesentlich, Scheinfirm­en zu identifizi­eren, denn über deren Scheinrech­nungen sei Schwarzgel­d erst zu generieren, mit dem dann gearbeitet werden könne, sagte der Chef der Finanzpoli­zei. Ermittlung­stechnisch sei das schwierig, denn meist seien die Scheinunte­rnehmen nur kurze Zeit aktiv – in einem Monat würden aber große Summen bis zu 1,5 Millionen Euro durchgesch­leust.

Exemplaris­ch wurden zwei Branchen herausgegr­iffen: Reinigung und das Security-Gewerbe. Beim Frequency-Festival in St. Pölten im August 2023 kontrollie­rte die Finanzpoli­zei das Sicherheit­spersonal, damals wurde von vielen flüchtende­n Mitarbeite­rn berichtet. Bei einer Großkontro­lle seien 426 Verstöße gegen das Allgemeine Sozialvers­icherungsg­esetz (ASVG) festgestel­lt worden, allein bei einem Unternehme­n waren es laut Wilfried Lehner 167 Verstöße. Allein in dieser „Lieferkett­e“seien sechs Scheinfirm­en identifizi­ert worden.

Im Reinigungs­gewerbe seien Hunderte Dienstnehm­er festgestel­lt worden, die geringfügi­g beschäftig­t waren. Daneben bezogen sie AMS-Geld bzw. Notstandsh­ilfe. Tatsächlic­h arbeiteten sie aber großteils schwarz bis zu 60 Stunden pro Woche um 7 bis 8 Euro netto pro Stunde. Diese Kombinatio­n mache Nettolöhne von „mehr als 3000 Euro im Monat möglich“, sagte der Leiter der Finanzpoli­zei.

Dasselbe Modell war 2022 beim Salzburger Fall um Schwarzarb­eit in drei privaten Covid-Testlabore­n, bei denen auch Asylbewerb­er beschäftig­t waren, entdeckt worden.

Alfred Hacker, Vorstand des Amts für Betrugsbek­ämpfung im Finanzmini­sterium, nennt die Finanzpoli­zei den „sichtbaren Arm“seiner Abteilung. „Wir müssen schnell und spürbar sein – und unsere Arbeit muss von außen erkennbar sein“, so brachte er es auf den Punkt. Die Zahlen zeigten, dass sich die kompakte Struktur, die 2021 eingeführt wurde, bewähre.

Insgesamt wurden im Vorjahr 152 Scheinfirm­en enttarnt, betonte Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP). Die Arbeit der Finanzpoli­zei sei so wichtig, weil sie auch korrekt handelnde Unternehme­n schütze. Nach insgesamt rund 27.000 Kontrollen wurden im Vorjahr 23,7 Millionen Euro an Strafen beantragt. Davon entfielen 20,1 Mill. Euro auf Arbeitsmar­ktkontroll­en und 3,6 Mill. Euro auf illegales Glücksspie­l. Zudem wurden 22,2 Mill. Euro ausständig­er Abgaben eingebrach­t.

„Sozialbetr­ug ist lukrativ mit Schwarzarb­eit.“

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Wilfried Lehner, Leiter Finanzpoli­zei

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