Gericht: Arzt gab Frauen illegal Präparat mit – mit fataler Folge
Patientinnen erhielten von Salzburger Arzt Fälschungen des Arzneimittels Ozempic zum Abnehmen. Die Apothekerkammer klagte ihn – mit Erfolg.
Die SN berichteten bereits im November 2023 vom brisanten Fall eines Salzburger Arztes, der das rezeptpflichtige Diabetesmedikament Ozempic bzw. Totalfälschungen des besagten Präparats in seiner Praxis mehreren Patientinnen zur häuslichen Selbstanwendung bzw. -injektion mitgegeben haben soll.
Über soziale Medien und auf seiner Website habe der Mediziner Ozempic als Mittel zum Abnehmen intensiv beworben. Zumindest zwei Patientinnen hatten offenbar im Zusammenhang mit der Selbstinjektion des Präparates eine lebensbedrohliche Unterzuckerung mit Krampfanfällen erlitten und mussten notfallmedizinisch versorgt werden.
Gegen den Arzt sowie weitere sechs Beschuldigte (Personen und Firmen) – darunter ein Pharmavertreter und der Chef eines für den Vertrieb von Arzneimitteln gar nicht lizenzierten Unternehmens – sind bei der Staatsanwaltschaft Steyr (OÖ) strafrechtliche Ermittlungen anhängig. Die Vorwürfe: Verdacht der schweren Körperverletzung, des gewerbsmäßigen Betrugs sowie Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz.
Eine der Frauen, die im Spital notfallmedizinisch behandelt werden musste, wird von der Innsbrucker Anwaltskanzlei Dr. Holzmann Rechtsanwalts-GmbH vertreten. Doch nicht nur das: Auf zivilrechtlicher Ebene vertritt die Kanzlei die Österreichische Apothekerkammer. Die besagte Kammer hatte am 7. Dezember 2023 beim Landesgericht (LG) Salzburg eine Unterlassungsklage samt einstweiliger Verfügung gegen den Salzburger Arzt eingebracht. Der Klage zufolge solle das Gericht dem Mediziner „ab sofort untersagen“, dass dieser entgegen dem im Arzneimittelgesetz verankerten „Apothekenvorbehalt“ das Präparat Ozempic an seine Patientinnen abgibt. Der beklagte Arzt, so heißt es in der Klage, würde ungeachtet des gegen ihn laufenden Strafverfahrens Ozempic den Patientinnen zu weit überhöhtem Preis verkaufen bzw. aushändigen, damit diese es sich ohne jegliche ärztliche Aufsicht selbst injizieren. Dies, so die Apothekerkammer, sei als unzulässige Abgabe und nicht als ärztliche Anwendung des Präparates anzusehen. Weil der Arzt keine Hausapotheke besitze, es sich bei der Aushändigung des Präparats nicht um erlaubte Abgabe von Ärztemustern und auch nicht um Hilfeleistung in Notfällen gehandelt habe, verstoße er gegen das Primat der Apotheken vorbehaltenen Arzneimittelversorgung.
Wie Juristin Lisa Holzmann von der Holzmann Rechtsanwalts-GmbH den SN nun mitteilte, „hat das Landesgericht Salzburg im Jänner der Unterlassungsklage stattgegeben und die von der Apothekerkammer beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Und klar festgestellt, dass es sich um eine unzulässige Abgabe handelte.“Der Arzt, vertreten vom Salzburger Rechtsanwalt Franz Essl, entgegnet, dass es sich sehr wohl „um eine Anwendung aus dem Ordinationsbedarf am Patienten“gehandelt habe.
Laut Klagevertreterin Lisa Holzmann bestätigte jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Linz als Rekursgericht die Rechtsansicht des LG Salzburg: „Die Abgabe von Ozempic durch den Beklagten war und ist illegal und wettbewerbswidrig. Der ordentliche Revisionsrekurs gegen den OLG-Beschluss ist nicht zulässig“, so Holzmann. Ihr anwaltlicher Kontrahent Essl kündigte an, den Beschluss des OLG „mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof anzufechten: Es gilt hier, Rechtsfragen zu klären.“Im Übrigen handele es sich „nur um ein Einstwei
„Der Arzt gab den Patientinnen Fälschungen von Ozempic mit.“Lisa Holzmann, Anwaltsanwärterin
lige-Verfügung-Verfahren, bei dem noch niemand gerichtlich einvernommen wurde“.
Klagevertreterin Holzmann fungiert, wie erwähnt, im Strafverfahren gegen den Arzt für eine der Patientinnen, die lebensbedrohlich verletzt wurden, als Opferanwältin: „Der Arzt hatte meiner 32-jährigen Mandantin, die keine Erkrankung hatte und auch nie stark übergewichtig war, am 12. September 2023 eine ganze Packung Ozempic samt Injektionsstift und vier Spritzvorrichtungen ausgehändigt. Er hat das – gefälschte – Medikament, das er offenkundig rechtswidrig bezog, auch vier weiteren Patientinnen mitgegeben“, so Holzmann.
Gut eine Woche später habe dann ihre Mandantin die lebensbedrohliche Unterzuckerung erlitten. Als „besonders dreist“erachtet es die Juristin, „dass der Arzt dann im Oktober im daraufhin eingeleiteten Strafverfahren als Beschuldigter einvernommen wurde, aber im November noch immer Patientinnen Ozempic zur Selbstinjektion anbot. Deshalb haben wir auch die Unterlassungsklage angestrengt.“