Ungarn: Firmen fordern Einschreiten der EU
Unternehmen aus Österreich und Deutschland orten Nachteile, die Kommission müsse handeln.
Etwa 1400 österreichische Unternehmen haben laut Wirtschaftskammer Niederlassungen in Ungarn. Dort beschäftigen sie rund 70.000 Mitarbeitende. Damit sei Österreich der drittgrößte ausländische Investor im Nachbarland. Doch die Beziehungen sind getrübt, zumindest in einigen Branchen. Der Grund sind Sondersteuern, die die Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán für ausländische Unternehmen eingeführt hat, um „Extraprofite“abzuschöpfen. Betroffen sind Banken und Versicherungen ebenso wie Handelsketten und Energieunternehmen. Bis zu 4,5 Prozent des Umsatzes werden fällig.
Öffentlich war bisher kein großer Aufschrei zu vernehmen. Doch im Hintergrund brodelt es. Eine Wirtschaftsdelegation mit Vertretern von Unternehmen aus Österreich und Deutschland reiste am Dienstag eigens nach Brüssel, um auf EUEbene dafür zu lobbyieren, Ungarn für die aus Sicht der Wirtschaft rechtswidrigen Maßnahmen an die Kandare zu nehmen. Ausländische Unternehmen würden „systematisch in die Verlustzone gefahren“, um sie dann „in die Hände eines bestimmten Personenkreises zu bringen“, hieß es. Man fühle sich von den ungarischen Behörden „drangsaliert“. Es fehle seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs an einem Rechtsschutzinstrument, um sich zu wehren. Daher fordere man die Kommission dazu auf, wegen Verstößen gegen die Regeln des Binnenmarkts entschiedener gegen Ungarn vorzugehen.
Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um den österreichischen Unternehmen zu Hilfe zu kommen? Das war am Dienstag im Wirtschaftsministerium nicht zu erfragen, man dürfte aber inzwischen tätig geworden sein. Wirtschaftsminister Martin Kocher und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) argumentieren in einem Schreiben an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das den SN vorliegt, mit diskriminierenden Maßnahmen sowie der unklaren Vorgehensweise der ungarischen Finanzbehörden: „Wir ersuchen um europarechtliche Prüfung der ungarischen Regelungen durch ihre zuständigen Dienststellen und in weiterer Folge um Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Republik Ungarn.“
Minister drängen auf Verfahren gegen Ungarn