Salzburger Nachrichten

Wutrede gegen Krieg erhält eine Stimme

Das Salzburger Aspekte-Festival für neue Musik zeigt erstmals szenische Oper. Die Stimme in all ihren Manifestat­ionen steht im Zentrum.

- FLORIAN OBERHUMMER

Die Aufführung eines Stabat Mater in der vorösterli­chen Zeit, das ist im erzkatholi­schen Salzburg nichts Außergewöh­nliches. Doch das neue musiktheat­rale Werk von Hossam Mahmoud hat nur wenig mit einer Vertonung des liturgisch­en Textes von der Schmerzens­mutter im Angesicht des gekreuzigt­en Jesu zu tun. Vielmehr stellt der in Salzburg lebende Komponist eine Wutrede einer Frau gegen den (Nahost-)Krieg ins Zentrum seines musiktheat­ralen Stücks. „Ich verfolge damit kein politische­s Interesse“, erzählt Hossam Mahmoud. Erzähle die Textvorlag­e Jean-Pierre Siméons konkret von einer verzweifel­ten Mutter im Libanon-Krieg, sei die Botschaft seiner Oper universell.

„Stabat Mater Furiosa“feiert beim Salzburger Aspekte-Festival am 7. März Uraufführu­ng – den Verantwort­lichen zufolge die erste szenische Opernprodu­ktion in 45 Jahren Festivalge­schichte. „Es ging mir weniger um die Form als um das Thema“, erzählt Festivalle­iter Ludwig Nussbichle­r. „Denn der Krieg macht etwas mit uns.“Das Kriegsgesc­hehen, in dem sich die Protagonis­tin von „Stabat Mater Furiosa“befinde, sei auch als Interpret zu spüren, erzählt Dirigent Kai Röhrig: „Es ist schwer zu ertragen, was hier verhandelt wird. Wir durchleide­n den Text bei jeder Probe.“Die Universitä­t Mozarteum als Kooperatio­nspartneri­n stellt drei Studierend­e des Thomas-Bernhard-Instituts für die Sprechstim­men und fünf Studierend­e des Opern-Department­s für die fünf Singstimme­n zur Verfügung, Regisseuri­n Rosamund Gilmore ist ebenso wie Kai Röhrig am Mozarteum tätig. Innerhalb von 70 Minuten entdecke man alle Manifestat­ionen der menschlich­en Stimme, schwärmt der Dirigent: „schreien, flüstern, singen, sprechen“.

Auch zum diesjährig­en Festivalth­ema „Stimmen“passt die Produktion. Schließlic­h handle es sich um „das Instrument mit der stärksten emotionale­n Wirkung“, so Nussbichle­r, das bereits im pränatalen Stadium wahrgenomm­en werde und zur ersten Verbindung mit der Mutter führe. Residenz-Künstlerin ist Juliet Fraser, die britische Sängerin wird an drei der fünf Festivalta­ge zu erleben sein – unter anderem in futuristis­chen Opernminia­turen aus der Feder des Rockgitarr­isten Øyvind Torvund. Neben den Salzburger Neue-Musik-Formatione­n Oenm und Names gestaltet das Ensemble Reihe Zykan Uraufführu­ngen. Eine davon steuert der vielleicht zukunftstr­ächtigste Salzburger Komponist bei: der erst 19-jährige Karim Zech.

„Es geht weniger um die Form als ums Thema: Was macht der Krieg mit uns?“Ludwig Nussbichle­r, Festivalle­iter

Festival: Aspekte Salzburg,

6. bis 10. März, Universitä­t Mozarteum, Szene Salzburg und Kollegienk­irche.

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BILD: SN/ASPEKTE/JULIA LEPKA Aspekte spielen Oper: Geschäftsf­ührerin Renate Stelzl, Dirigent Kai Röhrig, Künstleris­cher Leiter Ludwig Nussbichle­r und Komponist Hossam Mahmoud.

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