„Zurufe an die Justiz sind zu unterlassen“
Kurz-Richter befangen? Die ÖVP erntet für ihren Vorwurf wenig Verständnis und viel Kritik.
Er wolle keineswegs „die Justiz im Allgemeinen und die Rechtsprechung im Speziellen“kritisieren. Aber über Richter Michael Radasztics, der vergangenen Freitag Altkanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erstinstanzlich verurteilt hat, schwebe der „Anschein der Befangenheit“. Dies stellte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am Mittwochvormittag in einer per „Eilt“-Einladung angesetzten Pressekonferenz fest.
Worum geht es? Am Montag – also drei Tage nach der Verurteilung Kurz’ – war bekannt geworden, dass auch Richter Radasztics verurteilt worden ist. Und zwar vom Disziplinargericht. Demnach habe der Richter vor Jahren seine Pflichten „schuldhaft verletzt“, weil er KarlHeinz Grasser nicht davon verständigt habe, dass gegen ihn ein Strafverfahren in der Eurofighter-Causa laufe. Auch habe er dem damaligen Mandatar Peter Pilz Informationen aus Ermittlungsakten zukommen lassen. Das Urteil gegen Radasztics, das bereits vergangenes Jahr ergangen ist, wurde am Montag im Rechtsinformationssystem des Bundes veröffentlicht. Laut Stocker hätte der Richter die Öffentlichkeit über das Urteil informieren müssen.
Friedrich Forsthuber, Präsident des Landesgerichts Wien, widerspricht: „Das ist natürlich Teil einer PR-Litigation, die hier stattfindet, um die Person des Richters anzugreifen“, sagte er. Auch die SPÖ und der grüne Koalitionspartner kritisieren die ÖVP: Zurufe aus der Politik an die unabhängige Justiz seien zu unterlassen. „Verschwörungstheoretische Pressekonferenzen“kenne man eigentlich nur von den Freiheitlichen, sagt die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer.
Olga Voglauer, Grüne