Slow Slow Slow Food
Ja, es kann sein, dass Sie sich noch nie getraut haben, daheim Kriechtiere zu servieren. Vielleicht ein Fehler, den Sie korrigieren könnten.
Man kennt das: Wo immer archäologische Überreste gefunden werden, stierlt man indiskreterweise in und um unsere Vorfahren herum, auf der Suche nach Erkenntnis. Eine lautet, dass sich schon Steinzeitmenschen von Schnecken ernährten.
Einerseits dürfte selbst dem trägsten Jäger der waidmännische Erfolg garantiert gewesen sein. Andererseits sind die Weichtiere sehr proteinreich. „Eine Schnecke wiegt bis zu 20 Gramm und besteht fast nur aus Eiweiß“, schwärmt Raimund Probst. Auf seinen internationalen Stationen als Koch stieß er in verschiedensten Ländern auf unterschiedlichste Zubereitungsarten der langsamen Kriecher. In seiner Zeit als Küchenchef im Stiegl-Gut Wildshut setzte Probst sie auf die Karte. Mittlerweile berät und schult er für einen traditionsreichen Salzburger Gewürzhersteller Gastronomen zu zukünftigen Trends.
Das aktuelle Superfood zieht jedoch seine schleimige Spur bereits durch die kulinarische Frühgeschichte, wie Probst berichtet: „Die Römer brachten Schnecken als Nahrungsmittel in den Alpenraum.
Später waren sie als Fastenspeise vor allem in den Klöstern sehr beliebt.“Napoleons Soldaten bekamen auf dem Weg gen Russland Schnecken mit Kalkdeckeln, ihrem natürlichen Winterschutz, als haltbaren und nahrhaften Proviant mit.
Wichtigstes „Jagdrevier“in Salzburg war die Gegend rund um den Wallersee. Von dort ging es weiter nach Wien, ab Mitte des 19. Jahrhunderts führender und internationaler Umschlagplatz im Schnecken-Verchecken. Zurzeit feiert die Schnecke in den Küchen ein – Achtung: Wortwitz – langsames Comeback. Und laut Raimund Probst hat sie nur Vorteile: „Sie ernährt sich von Bioabfällen wie Gemüseabschnitten und welkem Salat, bei Haltung und Schlachtung ist Tierleid quasi ausgeschlossen und die CO2- sowie die Eiweiß-Futter-Bilanz sind unschlagbar.“
Geschmacklich neutral, lasse sich aus Schnecken ziemlich alles zubereiten: Frittiert im Backteig munden sie genauso wie in Pastasaucen, Füllungen für Strudel und Co. Und auch süß zubereitete Schnecken haben ihre Daseinsberechtigung.
Wir widmen uns aber dem Allzeitklassiker, der gleichzeitig am einfachsten ist: Schnecken in Kräuterbutter gratiniert. Keine Angst, das ist ganz harmlos. Mittlerweile gibt es viele Anbieter küchenfertiger Schnecken. Diese sind ausgeputzt, oft in Gemüsesud vorgegart und kommen in Glas oder Dose. Als Beilage genügt frisches Baguette. Wer Sinn für Treppenwitz hat und morbide Reminiszenz schätzt, reicht dazu noch Blattsalat. Jedenfalls ist es nicht verkehrt, mit einem trockenen Weißwein anzustoßen.
Zutaten (für 4 Personen): küchenfertige Schnecken je nach Größe ca. 6 Stück/Person.
Für die Kräuterbutter:
150 g weiche Butter, 2–3 Zehen Knoblauch, Rosmarin, Thymian, Petersilie, gemahlener Piment, je nach Geschmack auch Zitronenverbene, Salz und Pfeffer. Zubereitung:
Knoblauch schälen, pressen und mit den gehackten frischen oder getrockneten Kräutern, Salz und Pfeffer mit der weichen Butter vermischen. Etwas Olivenöl unter Rühren zugießen. Kräuterbutter zugedeckt kühlstellen.
Rohr auf 190 °C vorheizen. Küchenfertige Schnecken in ein feuerfestes Gefäß oder (wenn vorhanden) ein Schneckenpfännchen legen, salzen, pfeffern und mit Kräuterbutter bedecken. Auf mittlerer Schiene ca. 10 Minuten goldbraun gratinieren.