Den Landeshauptleuten den Marsch blasen
Ob Corona oder Wohnbau: Die Länder leisten sich grobe Schnitzer. Trotzdem gibt ihnen der Bund immer mehr Macht und Geld. Warum eigentlich?
Der Wasserkopf Wien gegen neun Bundesländer. Es ist ein Kräftemessen, das für Knatsch und Unterhaltung sorgt. Es ist ein Match, bei dem die Balance immer mehr in Richtung der Länder kippt. Die Landeshauptleutekonferenz gilt als heimliches Machtzentrum des Landes. Seit dem jüngsten Finanzausgleich drückt sich das in barer Münze aus. Der Bund gibt immer mehr Steuergeld an die Länder ab. Dieser Tage wiederholte sich das Schauspiel. Der Bund pumpt zwei Milliarden Euro in den Wohnbau, verfügen werden über den Großteil der Summe aber die Länder – allein sie entscheiden über Erfolg oder Misserfolg.
Nun hat das eine systemische Logik, weil die Länder für die Wohnbauförderung zuständig sind. Trotzdem gehört festgehalten, dass sie diesen Vertrauensvorschuss nicht verdienen. Die Länder haben die Wohnbauförderung in der Niedrigzinsphase massiv zusammengestrichen – von einst über 3 auf 1,8 Milliarden Euro im Jahr. Es ist deshalb den Ländern anzulasten, dass die Politik die dramatische Wende von Immobilienpreisen, Mieten und Zinskosten verschlafen hat. Selbst die vom Bund jährlich zugewiesenen Wohnbaugelder steckten Länder teils in andere Projekte oder sanierten damit Budgets. Eine Chuzpe, die nach Konsequenzen schreit. Doch Bundeskanzler
Karl Nehammer gelang es nicht einmal, die Länder wieder zur Zweckwidmung der Wohnbaugelder zu vergattern. Wie zum Trotz verabschiedeten die Länder im Alleingang noch eine Bodenstrategie – ohne den maximal möglichen Bodenverbrauch festzuschreiben, wie das der Bund wünscht.
Die Länder tun, was sie wollen. Und der Bund gibt artig mehr Steuergeld. So läuft das (derzeit).
Föderalismus ist eine wunderbare Sache. Entscheidungen nah bei den Betroffenen zu treffen stärkt Politik und Demokratie. Spätestens seit Corona ist die rot-weiß-rote Spielart des Föderalismus aber in Verruf. Als jedes Bundesland eigene Vorschriften erließ, war das Vertrauen endgültig dahin. Dass sich Bund und Länder in vielen Bereichen widersinnige Doppelgleisigkeit leisten, gehört deshalb in den politischen Fokus. Mit den Milliarden, die derzeit in ineffizienten Strukturen versickern, könnte man die Arbeitnehmerschaft steuerlich kräftig entlasten.
Die Länder haben die Lizenz zum Geldausgeben, aber null Verantwortung für Einnahmen. Das macht den heimischen Föderalismus verschwenderisch und ineffizient. Wer auf dezentrale Strukturen schwört, sollte diesen elementaren Konstruktionsfehler rasch beheben. Sonst wird den Landeshauptleuten irgendwann nicht nur bei Brauchtumsveranstaltungen der Marsch geblasen werden.