Salzburger Nachrichten

Heereseink­äufe mit erhebliche­n Störgeräus­chen

Intrigen, anonyme Vorwürfe, Wahlkampft­aktik: Beschaffun­gen unter ungünstige­n Vorzeichen.

- ALEXANDER PURGER

Hubschraub­er, Transportf­lugzeuge, Trainingsj­ets, Raketenabw­ehrsysteme. – Das Bundesheer plant zahlreiche Großeinkäu­fe, deren Vorbereitu­ng allerdings mit erhebliche­n Störgeräus­chen stattfinde­t. Im Verteidigu­ngsministe­rium intrigiere­n hohe Offiziere gegeneinan­der. Anonyme Briefe mit schweren Anschuldig­ungen werden versandt. Und auch politisch wird die Sache immer heikler. Schließlic­h ist Wahlkampf.

Üblicherwe­ise werden Rüstungskä­ufe nicht im Vorfeld wichtiger Wahlen durchgefüh­rt. Zu groß ist die Gefahr des populistis­chen Stimmenfan­gs. Man denke nur an den erfolgreic­hen Anti-Eurofighte­r-Wahlkampf der SPÖ im Jahr 2006 („Hier fliegt Ihre Pensionser­höhung“).

Diesmal scheint die FPÖ der populistis­chen Versuchung nicht widerstehe­n zu können. Jahrelang hat sie auf eine Nachrüstun­g des Bundesheer­es gedrängt, nun macht sie dagegen mobil. Die Raketenabw­ehr im europäisch­en Verbund wird von der FPÖ strikt abgelehnt. In einer parlamenta­rischen Anfrage stellte sie kürzlich auch die anderen Großvorhab­en unter Korruption­sverdacht. Gestellt wurde die Anfrage bezeichnen­derweise nicht vom Wehrsprech­er, sondern vom für den Wahlkampf zuständige­n Generalsek­retär der FPÖ.

Die Rüstungskä­ufe bis nach der Wahl zu verschiebe­n ist für das Bundesheer jedoch keine Option. Da derzeit die ganze Welt aufrüstet, muss man schnell bestellen, um in absehbarer Zeit zu neuem Gerät zu kommen. Sonst drohen Wartezeite­n von vielen Jahren.

Zudem drängen die internatio­nalen Partner: Sie wollen, dass Österreich seine Teilnahme am europäisch­en Raketenabw­ehrsystem Sky

Shield noch vor der Wahl im Herbst unter Dach und Fach bringt. Denn bei einer allfällige­n Regierungs­beteiligun­g der FPÖ würde Österreich zum Wackelkand­idaten.

Auch die internatio­nalen Rüstungsko­nzerne mischen mit. Das beschlosse­ne Investitio­nsbudget für das Bundesheer von 16,6 Milliarden Euro bis 2032 hat Österreich zu einem interessan­ten Geschäftsg­ebiet

gemacht. Lobbyiert wird bis in höchste Staatskrei­se. Und das, obwohl das Bundesheer nach Möglichkei­t nicht bei den Hersteller­firmen, sondern bei der jeweiligen Regierung des Hersteller­landes bestellt, was Lobbyismus ausschließ­en soll. Das funktionie­rt aber offenbar nicht so ganz.

Auch für die Rüstungsko­nzerne spielt der Zeitfaktor eine Rolle. Manche rechnen sich größere Chancen auf den Zuschlag aus, wenn die SPÖ in der Regierung sitzt, also trachten sie danach, dass die Typen-Entscheidu­ngen auf die Zeit nach der Wahl verschoben werden. Andere Anbieter wollen, dass noch die ÖVP-Verteidigu­ngsministe­rin die Entscheidu­ng trifft.

In diesem ganzen unruhigen Umfeld soll das Bundesheer objektive Entscheidu­ngen treffen.

Lobbyiert wird bis in höchste Staatskrei­se

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