Demenz kann auch Junge treffen
Laut einer aktuellen Studie gibt es 15 Faktoren, die frühzeitig einsetzende Demenz deutlich fördern können.
„Demenz, das bekommt man erst mit 70 oder 80“, so denken mit Sicherheit viele. Und in vielen Fällen stimmt das auch: Der Großteil der an Demenz Erkrankten hat ein fortgeschrittenes Lebensalter. Allerdings gibt es unerwarteterweise auch viele junge Menschen, die aufgrund verschiedener Faktoren an Demenz erkranken können. Dies belegt eine kürzlich im Fachmagazin „JAMA Neurology“veröffentlichte britische Studie.
Schätzungen zufolge gab es 2019 weltweit mehr als 55 Millionen Menschen mit Demenz ab 40 Jahren, in der Altersgruppe ab 65 Jahren
Auch Vitamin-D-Mangel spielt eine Rolle
waren es rund 48 Millionen. In Österreich sollen laut variierenden Erhebungen zwischen 100.000 und 130.000 Menschen an einer der verschiedenen Formen von Demenz leiden; die Altersverteilung ist seriös kaum festzumachen.
Frühere Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass positive Änderungen des Lebensstils das Demenzrisiko bei älteren Menschen verringern können. Die neue Studie zeigt nun, dass das Risiko einer frühen Demenz auf die gleiche Weise verringert werden kann. Nur ein banales Beispiel: Sport tut gut – in jedem Lebensalter.
Die britische Studie umfasste 350.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter 65 Jahren. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten konkret, was die Tendenz einer Person, in jungen Jahren an Demenz zu erkranken, beeinflussen könnte – einschließlich genetischer Faktoren, Lebensstil und Umweltfaktoren. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter fanden schließlich 15 lebensstil- und gesundheitsbezogene Faktoren, die das Risiko deutlich erhöhten. Zu diesen Faktoren gehören geringe formale Bildung, niedriger sozialer Status, Gesundheitsfaktoren wie Vitamin-D-Mangel, Hörverlust und Depression sowie Lebensstilfaktoren wie übermäßiger Alkoholkonsum und soziale Isolation. Weitere Faktoren, die ein höheres Risiko mit sich bringen, sind ein Schlaganfall, genetisch bedingte Veranlagung und Diabetes.
Die Studie legt vor allem nahe, dass Maßnahmen gegen Demenz schon viel früher eingeleitet werden sollten – und nicht erst mit 60 oder 65. Zumal Demenz eine der häufigsten Erkrankungen in Europa bzw. in den europäischen Gesundheitssystemen ist; Tendenz steigend. „Neben körperlichen Aspekten ist auch die psychische Gesundheit sehr wichtig. Es ist sehr wichtig, chronischen Stress, Einsamkeit und Depressionen zu vermeiden“, sagt Sebastian Köhler, Professor für Neuroepidemiologie und Leiter der internationalen Studie. „Ich war überrascht, dass dies auch bei jungen Menschen mit Demenz zu beobachten ist. Aber es könnte ein Ansatzpunkt sein, das Risiko in dieser Gruppe zu reduzieren“, ergänzt der Wissenschafter.
Dreht man den Spieß um und hält nach den Faktoren Ausschau, die die Wahrscheinlichkeit einer frühen Demenz verringern, gelangt man der Studie zufolge sehr schnell zu stark gemäßigtem Alkoholkonsum und hoher formaler Bildung.
Janice Ranson, Professorin an der Medical School der Universität Exeter, zeigte sich in einem Interview mit der britischen Tageszeitung „The Guardian“von der Studie begeistert: Die Untersuchung sei bahnbrechend, da sie vermittle, dass es möglich sei, das Risiko einer früh einsetzenden Demenz zu verringern. Ranson ist gar der Meinung, die Studie könne eine neue Ära einläuten: „Wir glauben, dass es einen Wendepunkt markiert, wenn es darum geht, die Zahl neuer Demenzfälle zu reduzieren.“
„Wir glauben, dass die Studie einen Wendepunkt markieren kann.“Janice Ranson, Universität Exeter