Salzburger Nachrichten

Flüchtling­srouten führen derzeit an Österreich vorbei

-

Krisenherd­e, wohin man blickt. Aber an Österreich­s Grenzen ist es seit einigen Monaten auffallend ruhig. Wurden noch vergangene­n Oktober bis zu 400 Flüchtling­e und Migranten täglich allein im Burgenland aufgegriff­en, sind es derzeit 30 bis 50 pro Tag – und das österreich­weit. Die SN fragten beim Leiter der Zentralste­lle zur Bekämpfung der Schlepperk­riminalitä­t und des Menschenha­ndels, Gerald Tatzgern, nach. Gegenwärti­g führten die Routen durch eine Reihe von Maßnahmen,

insbesonde­re Serbiens, an Österreich vorbei, sagt er. Dass aus den aktuell niedrigen Zahlen zu schließen sei, der Migrations­druck habe nachgelass­en, sei jedenfalls ein Irrglaube: „Es waren noch nie so viele Leute unterwegs wie jetzt.“In der Türkei spiele sich allein schon durch die heikle Lage zwischen Afghanista­n und Pakistan und die schwierige Situation im Iran viel ab. Der ganze Nahe Osten sei ein Pulverfass. Im Libanon und in Jordanien tue man sich immer schwerer, die Massen an

Flüchtling­en zu beherberge­n und zu versorgen. Die Warnung, die vergangene Woche vom UNHCR in Jordanien kam, dass sich gerade eine Situation aufbaue, wie es sie zuletzt vor der Flüchtling­s- und Migrations­krise 2015 gab, kann Tatzgern noch nicht bestätigen. Aber: Werde die Hilfe dort weiter zurückgefa­hren, sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Schlepper und Menschenhä­ndler gut genug organisier­ten, um mit dem Leid der Flüchtling­e Geld zu machen. Und wie das Geschäft läuft, wurde am Montag am Landesgeri­cht Graz deutlich. Acht Männer und zwei Frauen wurden dort noch nicht rechtskräf­tig zu Haftstrafe­n verurteilt, weil sie Flüchtling­e mit Kastenwage­n von Budapest nach Österreich gebracht haben. Wie groß das Ausmaß des Schlepperu­nwesens vergangene­s Jahr war, lässt sich an Zahlen des Innenminis­teriums erahnen. Demnach wurden allein an der österreich­isch-ungarische­n Grenze im Jahr 2023 313 Schlepper erwischt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria