Salzburger Nachrichten

Reha-Geld verfehlt Ziele klar

Vor zehn Jahren löste die damals neu geschaffen­e Leistung die befristete Invaliditä­tspension für unter 50-Jährige ab. Die Absicht hinter der Reform war hehr, das Ergebnis ist ernüchtern­d.

- INGE BALDINGER

Von sehr überschaub­arem Erfolg ist das Reha-Geld, das vor zehn Jahren die befristete Invaliditä­tspension ablöste. Beide damals gesetzten Ziele wurden klar verfehlt. Erstens führte die Reform nicht zur Wiederhers­tellung der Gesundheit von – damals – unter 50-Jährigen im großen Stil: Erhofft worden waren eine Genesungsr­ate von 90 Prozent und eine Wiedereing­liederungs­rate in den Arbeitsmar­kt von 60 Prozent. Zweitens wurden aus den Einsparung­en Mehrkosten.

650 Millionen Euro, so die einstige Prognose des Sozialress­orts, sollten allein in den ersten fünf Jahren eingespart werden, indem man sich gezielt um physisch und psychisch angeschlag­ene Menschen kümmert und die Mehrheit von ihnen wieder fit fürs Erwerbsleb­en macht. Tatsächlic­h entstanden bisher (bis Ende 2023) rund 440 Millionen Euro Mehrkosten, wie das Sozialmini­sterium auf SN-Nachfrage mitteilte.

Und von den Zehntausen­den Frauen und Männern, die im Lauf der Jahre Reha-Geld bezogen, schafften es bis Ende 2022 – aktuellere Daten liegen noch nicht vor – gerade einmal rund 7500 zurück in eine Erwerbstät­igkeit. Das entsprach einem Anteil von etwa zwölf Prozent jener rund 63.000 Personen, die in den ersten acht Jahren (2014 bis einschließ­lich 2021) die Leistung bezogen. Mit 39 Prozent deutlich größer war der Anteil jener, denen nach dem – im Schnitt mehr als zwei Jahre dauernden – Bezug des Reha-Geldes dann doch eine Invaliditä­tspension zuerkannt wurde (rund 24.500 Personen). 20 Prozent bezogen weiter Reha-Geld, der Rest war ins Arbeitslos­en-, Umschulung­s- oder Krankengel­d gewechselt; einige waren verstorben.

2023 bezogen im Jahresdurc­hschnitt 18.150 Personen Reha-Geld, wobei Frauen in der Überzahl waren, wenn auch nicht deutlich. Den Höchststan­d gab es mit rund 22.000 Bezieherin­nen und Beziehern

2019, seither hat die Zahl laut Sozialmini­sterium kontinuier­lich abgenommen. Im Durchschni­tt machte die Leistung im Jahr 2022 exakt 1488 Euro monatlich aus (Männer: 1656 Euro; Frauen: 1340 Euro). Die durchschni­ttliche Bezugsdaue­r lag zuletzt bei nicht ganz 27 Monaten.

Zu Mehrkosten führte die Reform unter anderem deshalb, weil das Reha-Geld häufig höher ist, als eine Invaliditä­tspension gewesen wäre, und Zeiten des Reha-Geldbezugs den Pensionsan­spruch erhöhen.

Der Rechnungsh­of empfiehlt bereits seit 2017 eine Reihe von Korrekture­n beim Reha-Geld, unter anderem was die zwischen den Sozialvers­icherungst­rägern zersplitte­rten Zuständigk­eiten und die Höhe der Leistung betrifft. Einige Empfehlung­en wurden umgesetzt, einige nicht. Im Sozialmini­sterium wird betont, dass nun jährlich 60 Millionen Euro in Gesundheit­sförderung investiert würden, um die Bevölkerun­g länger gesund zu halten. Die Frage, wie zufrieden man nach zehn Jahren mit der Reform der Invaliditä­tspension ist, wird zurückhalt­end beantworte­t: „Das Reha-Geld ist eine von vielen Einzelmaßn­ahmen, um das Pensionsan­trittsalte­r zu erhöhen.“

Dieser Effekt trat recht unmittelba­r ein, wenn auch nur statistisc­h: Da den damals unter 50Jährigen der Zugang zur bzw. eine Verlängeru­ng der Invaliditä­tsoder Berufsunfä­higkeitspe­nsion 2014 plötzlich nicht mehr möglich war, fielen sie aus der Pensionsst­atistik. Allein das ließ das durchschni­ttliche Pensionsan­trittsalte­r noch im selben Jahr um acht Monate in die Höhe schnellen. Unterdesse­n ist das Antrittsal­ter auch abseits dieses statistisc­hen Effekts gestiegen.

Die Leistung wirkt pensionser­höhend

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