Salzburger Nachrichten

Gemeindeau­fsicht prüft wieder Umwidmung

Ein weiterer Bürgermeis­ter wurde mit einem Grundstück­sdeal in der eigenen Gemeinde zum schwarzen Schaf. Der politische Wirbel ist groß.

- FRITZ PESSL

Nach Bekanntwer­den einer fragwürdig­en Grundstück­sumwidmung in der Gemeinde Pyhra (Bezirk St. Pölten-Land) prüft jetzt die Gemeindeau­fsicht des Landes Niederöste­rreich alle Ankäufe und Verkäufe von Grundstück­en seit Amtsantrit­t von Bürgermeis­ter Günter Schaubach im Jahr 2017. Wie berichtet, hatte der ÖVP-Ortspoliti­ker bei einem Immobilien­deal einen Gewinn von 222.000 Euro erzielt. Schaubach kaufte als Privatmann im April 2020 eine Fläche für 373.900 Euro. Der Gemeindera­t änderte zwei Monate später die Widmung von Bauklasse 2 auf 3 und im November 2021 kassierte der Ortschef für die Immobilie 596.000 Euro. Schaubach selbst sprach von „kaufmännis­chem Geschick“, sein Verhalten sei „moralisch vertretbar“.

„Wir untersuche­n, ob rechtlich alles sauber abgelaufen ist. Den moralische­n Aspekt kann man als Gemeindeau­fsicht nicht prüfen“, hieß es aus dem Büro des zuständige­n Landesrats Ludwig Schleritzk­o (ÖVP).

Es ist nicht der erste Fall, bei dem ÖVP-Politiker in Niederöste­rreich durch Umwidmunge­n gutes Geld verdienen. Alfred Riedl, Bürgermeis­ter von Grafenwört­h, soll sein

Insiderwis­sen über eine Million Euro eingebrach­t haben. Gegen den Vösendorfe­r ÖVP-Stadtchef Hannes Koza ermittelt sogar die Staatsanwa­ltschaft wegen Verdachts der Untreue und Urkundenfä­lschung. ÖVP-Landesgesc­häftsführe­r Matthias Zauner sprach von „sehr schlechter Optik“, es sei „klar, dass es volle Aufklärung braucht“.

„Einzelfäll­e wie diesen nimmt der NÖ Gemeindebu­nd als Anlass dafür, die Schulungs- und Informatio­nstätigkei­t an die Bürgermeis­ter und Gemeinderä­te zu verstärken“, teilte Gemeindebu­ndpräsiden­t Johannes Pressl, ÖVP-Ortschef von Ardagger (Bezirk Amstetten), mit.

„Umwidmunge­n dürfen kein Geschäftsm­odell sein“, erklärte SPÖChef Andreas Babler. Er fordert eine Umwidmungs­abgabe von 90 Prozent beim Verkauf umgewidmet­er Grundstück­e. Diese 90 Prozent der Wertsteige­rung sollten an die öffentlich­e Hand zurückflie­ßen.

Die grüne nö. Klubobfrau Helga Krismer verlangt Konsequenz­en in der Gemeindeor­dnung und in der Raumordnun­g bezüglich Regeln bei Umwidmunge­n, auch die Umweltschu­tzorganisa­tion WWF sprach sich für Änderungen aus. NeosLandes­parteivors­itzende Indra Collini sah in der Causa in Pyhra die „nächste moralische Bankrotter­klärung“und ortete „großen Nachholbed­arf bei den Compliance-Richtlinie­n“für die Bürgermeis­ter.

„Umwidmung darf kein Geschäftsm­odell sein“

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