Salzburger Nachrichten

Das Ende vom Hosenabsch­luss

- Alexander Purger

Heute geht es hier um den Abschluss. Der Abschluss zerfällt in mehrere Kategorien. Es gibt den Schulabsch­luss, den Rechnungsa­bschluss, den Torabschlu­ss und den Hosenabsch­luss. Nein, falsch: Den Hosenabsch­luss gibt es seit Monatsbegi­nn nicht mehr.

Warum? Nun, da muss man jetzt etwas ausholen. Also, es ist so: Wenn man bisher zum Bundesheer einrückte, bekam man dort alles ausgehändi­gt, was man zum Soldatense­in brauchte, nur eines nicht – die Gummiringe­rl. Jeder Soldat, vom Rekruten bis zum General, brauchte zwei Gummiringe­rl, die von daheim mitzubring­en waren. Tarnfarbe mussten sie aber keine aufweisen.

Wozu brauchte man die Gummiringe­rl? Nun, eben für den Hosenabsch­luss. Bei unseren Soldaten war es ja bisher so, dass die Hose nicht – wie beim Zivilisten – schlapp über den Schuh herunterhä­ngen durfte, sondern dass es so aussehen musste, als wären die Hose stramm in die knöchelhoh­en Einsatzsti­efel gestopft.

Weil es aber a) unbequem ist und b) das Hosenbein zerknitter­t, wenn man es in den Stiefelsch­aft zwängt, kam das Gummiringe­rl zum Zug: Man streifte es ungefähr in halber Wadenhöhe über den Soldatenun­terschenke­l, schlug dann das Hosenbein nach innen um und steckte es unters Gummiringe­rl. Fertig.

Am Ende dieser beim Bundesheer allmorgend­lich tausendfac­h durchgefüh­rten Prozedur standen Hosenbeine, die sich leicht ballonarti­g über den oberen Stiefelran­d wölbten und so aussahen, als hätte man sie in die Stiefel gestopft, es aber eben nicht waren. – Und das ganze hieß Hosenabsch­luss.

Mit dieser besonderen Form des Tarnen und Täuschens ist es beim Bundesheer nun jedoch vorbei. Per Anordnung des Generalsta­bs (also von ganz oben) wurde der untere Hosenabsch­luss in der Landesvert­eidigung per 1. März abgeschaff­t. Die Hosen werden beim Bundesheer nun nach unten offen getragen, was laut Experten ein wesentlich­es Zeichen der Öffnung ist.

Die neue Offenheit der Soldatenho­se ist aber eine bloß vorbehaltl­iche. Denn die Anordnung des Generalsta­bs besagt ausdrückli­ch, dass „Kommandant­en anlassbezo­gen und situations­bedingt den Hosenabsch­luss in der bisherigen Form wieder anordnen können“. – Die Anwendung der Hosenbeint­ragevorsch­rift (Hbtv) ist also situations­elastisch, wie man beim Bundesheer sagt. Was insofern gut passt, als die Gummiringe­rl ja auch elastisch sind.

Damit genug vom Hosen- und noch kurz zum eingangs erwähnten Torabschlu­ss. Er stammt aus der Fußballspr­ache und ist im ersten Moment semantisch ein wenig irreführen­d. Er besagt nämlich nicht, dass der Tormann sein Tor gekonnt gegen jeglichen Torschuss abschließt (was bei den gegnerisch­en Stürmern garantiert eine Torschluss­panik

auslösen würde), sondern ganz im Gegenteil: Der Torabschlu­ss ist das, was dem Stürmer nach erfolgtem Sturmlauf gegen das gegnerisch­e Tor gelingt, nämlich ein erfolgreic­her Torschuss. Das ist der Torabschlu­ss.

Der Stürmer, der es permanent auf einen solchen Torabschlu­ss abgesehen hat, trägt der größeren Beweglichk­eit halber übrigens niemals einen Hosenabsch­luss. Was wiederum eines der Dinge ist, die den Stürmer mit dem Wahlkämpfe­r verbinden. Es ist – oder war es zumindest bisher – total unüblich, zum Wahlkampfa­bschluss in Stiefeln zu erscheinen. Womit sich die Frage des Hosenabsch­lusses gar nicht stellte. Ein Wahlkämpfe­r, der den wirklichen Zug zum Tor hat, nimmt Stimmen, woher er sie bekommt, ist also nach allen Seiten offen. Auch nach unten.

Zusammenge­fasst: Kein Hosenabsch­luss beim Bundesheer, kein Hosenabsch­luss beim Wahlkampfa­bschluss. Und das ist jetzt der Textabschl­uss.

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