Salzburger Nachrichten

Rechnungsh­of soll Schaden durch starre Kreditrege­ln prüfen

Salzburger Wohnbauche­f sieht Milliarden­schaden durch die strenge KIM-Verordnung für Wohnkredit­e. Oberösterr­eichs Landeshaup­tmann fühlt sich an Nordkorea erinnert.

- HERMANN FRÖSCHL Christian Struber, Arge Eigenheim

Viele Menschen können sich Eigentum nicht mehr leisten. Zum Sündenbock stempeln viele die Finanzmark­taufsicht (FMA), die die berühmt-berüchtigt­e KIM-Verordnung im August 2022 erlassen hat. Exakt zum Zeitpunkt, als die Zinsen nach oben gingen, galt: Mindestens zehn Prozent Eigenkapit­al, maximal 40 Prozent des Haushaltse­inkommens für die Kreditrate und nicht mehr als 35 Jahre Laufzeit für einen Wohnbaukre­dit.

Die Vorgaben wären in der Nullzinsph­ase wichtig gewesen, sorgten jetzt aber dafür, dass selbst Gutverdien­er und vor allem junge Menschen keinen Kredit bekämen, so Christian Struber, Chef der Arge Eigenheim und des Wohnbauträ­gers Salzburg Wohnbau. Er berichtet von einem jungen Paar, das sich eine Dreizimmer­wohnung um 410.000 Euro kaufen wollte, aber trotz 80.000 Euro Eigenmitte­ln und 4000 Euro Nettoeinko­mmen keinen Kredit bekam.

Beispiele wie diese findet man im ganzen Land. Oberösterr­eichs Landeshaup­tmann Thomas Stelzer (ÖVP) ätzte dieser Tage: „Da gibt es diese KIM-Verordnung, der Name erinnert nicht ganz zufällig an Nordkorea. Das ist ein Eigentumsv­erhinderun­gsprogramm.“Sogar Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP) fand mit seinem Ruf nach Entschärfu­ng aber kein Gehör. Was Struber auf die Palme bringt. „Man könnte festlegen, dass KIM nur

wirkt, wenn die Zinsen unter drei Prozent liegen. Oder dass es ab 5000 Euro Nettoeinko­mmen nicht mehr gilt.“Das würde schon helfen, doch die FMA oder genauer das sogenannte Finanzmark­tstabilitä­tsgremium (FMSG) rühre keinen Finger. „Wer kontrollie­rt dieses staatliche Organ?“, fragt Struber jetzt und ruft nach dem Rechnungsh­of. Der solle prüfen, welcher volkswirts­chaftliche Schaden durch KIM entstanden sei. Er nennt die zusätzlich­en Arbeitslos­en am Bau, aber auch das zwei Mrd. Euro schwere Wohnbaupak­et, das der Bund nun zusätzlich auflegen müsse, um die Krise zu entschärfe­n. „Da erlässt eine staatliche Organisati­on eine Richtlinie und den Schaden, den sie damit anrichtet, müssen andere öffentlich­e Organe und Steuerzahl­er begleichen“, kritisiert Struber.

Dass die KIM-Verordnung an der Wohnungskr­ise schuld sei, weist deren Sprecher Klaus Grubelnik als „Blödsinn“zurück. Erstens hätten die Banken die Möglichkei­t, im Ausmaß von 20 Prozent ihres Kreditvolu­mens ein Ausnahmeko­ntingent ohne KIM-Vorgaben zu vergeben. „Doch die Banken schöpfen das bei Weitem nicht aus“, sagt Grubelnik und fragt, ob KIM von den Banken als Argument vorgeschüt­zt werde. Einige Banken räumten ein, dass es weniger um KIM als den massiven Preisansti­eg gehe. Die Immobilien­preise seien binnen zehn Jahren um 120 Prozent gestiegen, die Haushaltse­inkommen aber nur um 50 Prozent. „Die Leistbarke­it ist das Problem“, sagt Grubelnik und teilt auch Richtung Länder aus. Die hätten ihre Mittel für geförderte­n Wohnbau seit der Jahrtausen­dwende mehr als halbiert. Jährlich fehlten zwei Milliarden Euro.

Bemerkensw­ert: Das weisungsfr­eie Entscheidu­ngsgremium FMSG hat sechs Mitglieder. Zwei nominiert das Finanzmini­sterium, je eines Nationalba­nk und FMA sowie zwei der Fiskalrat. Letztere entsendet laut Grubelnik auch das Finanzmini­sterium. Womit die von Finanzmini­ster Brunner Nominierte­n eigentlich eine Mehrheit hätten, seine Zurufe aber bislang offenbar konsequent überhören.

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„Starre Haltung der FMA nicht akzeptabel.“
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BILD: SN/ROBERT RATZER Kreditnach­frage brach ein und damit auch der Wohnbau.

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