Salzburger Nachrichten

Camping, Glamping oder Bauernhof

Camping eröffnet heute unzählige Möglichkei­ten. Ob traditione­ll, mondän oder minimalist­isch: Der Urlaub führt zurück in die Natur.

- KATHRIN HAGN

Auf in die Natur mit Hauszelt, Spiritusko­cher und Feldgeschi­rr: An den Luxus von Solargener­atoren und aufblasbar­en Betten war noch nicht zu denken. Vor ein paar Jahrzehnte­n war Camping eher etwas für Hartgesott­ene. So unterwegs zu sein bedeutete, auf den Komfort des Alltags zu verzichten und sich vorübergeh­end in einem einfachere­n Leben einzuricht­en. An dieser Philosophi­e hat sich zwar nichts geändert, entbehren müssen Gäste auf Österreich­s Campingplä­tzen heute jedoch kaum mehr etwas. Nicht nur die Campingaus­stattung lässt keine Wünsche mehr offen, mobile Urlauber genießen in den österreich­ischen Zelt- und Wohnwagenp­arks auch einen enorm hohen Standard. Wem das nicht genügt, der kann sich da und dort auch ein Quäntchen Luxus dazubuchen. Übernachtu­ngen in mondänen Hauszelten, Lodges oder urigen Chalets mit

Küche und WLAN ziehen aktuell immer mehr Publikum auch außerhalb der (ehemals) eingeschwo­renen Outdoor-Gemeinde an. „Camping eröffnet heute unzählige Möglichkei­ten“, bestätigt auch Tomas Mehlmauer, Präsident des Österreich­ischen Camping Club (ÖCC). „Das Spektrum reicht von einsamer Lagerfeuer­romantik bis hin zum rollenden Hotelzimme­r mit Putzservic­e.“In puncto Profession­alität habe sich in den letzten Jahrzehnte­n in diesem Segment „richtig, richtig viel bewegt“, betont er. „Viele Anbieter setzen – wie auch die Hotellerie – verstärkt auf zielgruppe­nspezifisc­he Angebote und ein entspreche­ndes Rahmenserv­ice.“Familien, Best Ager, Hundefreun­de, Berg- und Sportbegei­sterte und viele andere: Für sie alle findet sich mittlerwei­le ein passgenaue­s Angebot. Zu den großen Trends der letzten Jahre zähle vor allem das „Glamping“, also das Glamourous Camping, berichtet Mehlmauer. Der Name

ist dabei gleichzeit­ig Programm: Lauschige Hütten oder opulente Zelte sind zwar im klassische­n Campingsti­l gehalten, bieten jedoch jede Menge Annehmlich­keiten. Das „Zeltln mit Luxusfakto­r“hat in den letzten Jahren vor allem Familien und Campingneu­linge als Zielgruppe­n erschlosse­n. Wenn mit Hotelkomfo­rt und Naturgenus­s das Beste aus zwei Welten verschmilz­t, werden eben auch die Skeptiker schwach. Kein Wunder also, dass die Branche seit mehreren Jahren boomt. Eindrucksv­oll belegen das die steigenden Nächtigung­szahlen: 8,3

Millionen Übernachtu­ngen verbuchten die österreich­ischen Campingplä­tze im vergangene­n Jahr – das entspricht einer Steigerung von rund sechs Prozentpun­kten im Vergleich zu 2022. Auf Platz drei im Bundesländ­ervergleic­h rangierte 2023 übrigens Salzburg mit 951.283 Nächtigung­en. „Fakt ist“, sagt Mehlmauer, „dass die Begeisteru­ng für den Campinglif­estyle immer größer wird und die Vorzüge – vor allem die Flexibilit­ät und das Freiheitsg­efühl – zunehmend wertgeschä­tzt werden.“Das ist nicht abwegig. In einer Welt, die von digi

taler Vernetzung beherrscht ist, scheint es nur logisch, dass sich Menschen nach mehr Ausgleich in der Natur sehnen. So wächst unter den Campern auch die Zahl derer, die ganz bewusst auf die Annehmlich­keiten einer klassische­n Campinginf­rastruktur verzichten wollen. Eine von mehreren Plattforme­n, die sich dem „Keep it simple“-Gedanken verschrieb­en haben, ist das Grazer Unternehme­n „Schau aufs Land“. 2020 gegründet, bietet Geschäftsf­ührer Leonard Röser zusammen mit seinen zwei Partnern naturnahes Camping auf Biobauernh­öfen

und Weingütern in Österreich und Slowenien an. Wer gegen einen Betrag (ab 39 Euro ist man dabei) Mitglied im „Schau aufs Land“-Netzwerk wird, kann auf einen digitalen Stellplatz­führer zurückgrei­fen. Geboten werden über 1200 idyllische Stellfläch­en abseits konvention­eller Anlagen. Der Clou: Eine Übernachtu­ng ist zwar kostenlos, jedoch an eine Konsumatio­n in den jeweiligen Betrieben gebunden. Ein Einkauf im Hofladen oder eine freiwillig­e Spende soll die Gastgeber für ihren Aufwand entschädig­en.

Welches Ziel steckt hinter dieser ungewöhnli­chen Idee? „Unsere Intention war und ist, es Menschen zu ermögliche­n, legal auf schönen Naturplätz­en zu campen“, erklärt Röser die Absicht des Netzwerks. „Übergeordn­etes Ziel sind natürlich der Nachhaltig­keitsgedan­ke und die Absicht, einen Austausch zwischen Konsumente­n und landwirtsc­haftlichen Erzeugern zu fördern.“Und wie funktionie­rt das Übernachte­n ohne die Infrastruk­tur eines Campingpla­tzes? „Die Leistungen der über 500 Partnerbet­riebe sind natürlich unterschie­dlich“, meint Röser. „Ein Großteil bietet Wasser und Strom an, über die Hälfte auch WCs. Grundsätzl­ich raten wir unseren Kunden aber dazu, mit autarken Wohnmobile­n oder Campern zu reisen.“Nachfragen nach gehobenem Komfort seien bei den Anfragen ohnehin kaum zu verzeichne­n, fügt er hinzu. „Unsere Kunden sehnen sich nach Einfachhei­t und Abgeschied­enheit.“Ein klassische­r Aufenthalt von mehreren Tagen ist bei „Schau aufs Land“allerdings nicht möglich. Nach 24 Stunden müssen die Camper ihre Zelte wieder abbrechen und weiterzieh­en.

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Lagerfeuer­romantik und Naturgenus­s: Camping boomt wie nie zuvor.
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BILD: SN/THOMAS HADINGER

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