Möglicher Kreditbetrug könnte mehrere Raiffeisenbanken treffen
EUGENDORF. Der „mutmaßliche Kriminalfall“um die Raiffeisenbank Flachgau Mitte könnte weitaus größer sein als angenommen. Wie am Donnerstag aus bankennahen Kreisen bekannt wurde, sollen weitere Regionalbanken in Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten von der Causa betroffen sein. Offiziell bestätigt wird der Fall der Raiffeisenbank Flachgau Mitte. „Wir qualifizieren die Kredite als nicht einbringlich“, hieß es vom Raiffeisenverband Salzburg. Die Kreditsumme beläuft sich auf 20 Millionen Euro. „Die definitive Schadenssumme steht noch nicht fest“, teilt ein Sprecher mit.
Konkret soll es aufseiten von Treuhändern zu Malversationen gekommen sein, teilt der Raiffeisenverband Salzburg mit. Die ausbezahlten Kredite an drei Immobilienentwickler mit Sitz in Salzburg, Niederösterreich und Wien seien nicht widmungskonform verwendet und die grundbücherlichen Besicherungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Nun muss der Raiffeisenverband Salzburg dafür sorgen, dass die Flachgauer Regionalbank die verpflichtende Eigenkapitalquote aufrechterhält, und Geld zuschießen. Zwölf Millionen Euro sollen an die Raiffeisenbank Flachgau Mitte transferiert werden, so Insider. Von Rettungsmaßnahmen anderer Banken ist aktuell nichts bekannt.
Die Immobilienentwickler, deren Namen den SN bekannt sind, haben vor allem in Wien und Niederösterreich Projekte umgesetzt. Das Fremdkapital für die Bauprojekte kam vielfach aus Salzburg. Nicht nur die Regionalbank Raiffeisen Flachgau Mitte agierte als Kreditgeber. Auch der Raiffeisenverband
befindet sich mit einem Pfandrecht im Grundbuch einiger Grundstücke. Zu den Ungereimtheiten soll es erst bei den zuletzt projektieren Bauvorhaben gekommen sein.
Einige Projekte wurden auch von der Salzburger Sparkasse finanziert. Dort verweist man auf das Bankgeheimnis. Generaldirektor Christoph Paulweber sagt aber: „Wir haben nach den Medienberichten all unsere Treuhandschaften angesehen und keine Anzeichen für Malversationen gefunden.“
Auch die Rechtsanwaltskammer Wien ist mit dem Fall befasst. Die Konzession eines involvierten Treuhänders wurde aufgrund der Ereignisse bereits Ende Februar ruhend gestellt, bestätigt die Kammer. Der betroffene Wiener Anwalt wollte zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen. Auch die betroffenen Immobilienentwickler waren am Donnerstag nicht erreichbar. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Wie mit den Vorgängen befasste Personen berichten, habe der
Treuhänder bei Bauprojekten Gelder ausbezahlt, bevor die entsprechende Bauphase abgeschlossen war – ohne das Einverständnis der Bank. „Eine Zeit lang gab es Käufer wie Sand am Meer. Wohnungen sind weggegangen wie die warmen Semmeln. Dann sind Baukosten und Zinsen explodiert, Käufer haben keine Kredite mehr bekommen und dann mussten Löcher gestopft werden. Die Immobilienentwickler haben sich übernommen“, sagt ein Insider über die Vorgänge.
In den Fall verwickelt sein soll auch ein zweiter Treuhänder, den die Kammer bereits im Vorjahr vorläufig gesperrt hatte. Hier habe es bereits vor einem Jahr Verdachtsmomente gegeben, „dass er Gelder treuwidrig vorzeitig an den Bauträger ausbezahlt bzw. den Bauträger bei der Erschleichung von Bankfinanzierungen unterstützt hat“, heißt es seitens der Rechtsanwaltskammer Wien. Man habe den Vorfall an den Disziplinarrat weitergeleitet und eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übermittelt. „Auch der aktuelle Sachverhalt ist der WKStA bereits bekannt“, heißt es seitens der Kammer.
Treuhänder wurden von Kammer gesperrt