Salzburger Nachrichten

Laibesübun­g im Morgengrau­en

Ein Motto nicht nur für die Fastenzeit. Besonders gilt es in der Stiftsbäck­erei St. Peter mit ihrem berühmten Sauerteigb­rot. Wir haben in aller Herrgottsf­rüh mitgebacke­n.

- JOHANNA JENNER IHR TEXTHONORA­R SPENDET DIE AUTORIN DER ARMENAUSSP­EISUNG DES FRANZISKAN­ERKLOSTERS.

Der Wecker klingelt um 4.00 Uhr. Eine unchristli­che Zeit zum Aufstehen. Nicht für Bäckermeis­ter Kurt. Seit über 25 Jahren hüpft er, außer an Ruhetagen, in aller Herrgottsf­rüh aus dem Bett. „Eigentlich schon als Kind“, sagt er. „Da ging ich oft so zeitig los, um mit dem Vater fischen zu gehen.“Kurt steht in kurzer Hose und mit kurzärmeli­gem T-Shirt im wohlig warmen Bäckerei-Gewölbe der Stiftsbäck­erei St. Peter am Kapitelpla­tz 8, in der das Feuer im Backofen lodert. Heute wird er noch rund 50 Laibe Brot aus dem Ofen fischen. Doch bis dahin ist einiges zu tun.

Draußen in der Altstadt ist es ruhig – doch in ein paar Stunden werden hier Menschen Schlange stehen. Kurt hat die großen Holzscheit­ln geholt und den Brotofen eingeheizt, nach dem Sauerteigr­est vom Vortag geschaut, der über Nacht aufgegange­n ist, nachdem er am Abend von Kollege Achmet mit den einzigen drei Zutaten frisch aufgemisch­t wurde: Mehl, Wasser und Salz.

Den Rest erledigt das Feuer, bei 260 Grad. Und das wiederum erledigt Kurt. Circa zwei Stunden lang muss der Ofen ausgebrann­t werden, damit dieser bereit ist für seinen „Brotjob“. Kurt hat Geduld. Und er mag Routinen. Es sind immer die gleichen Handgriffe, Zutaten und Abläufe. Er hinterfrag­t nicht, sondern tut. Auch wenn der Wecker läutet, „dann überlege ich nicht lange. Raus. Und aus“, sagt er bestimmt.

Auf einem Brotregal warten derweil die Teigportio­nen, bis Kurt sie „einschieße­n“kann – also mit langen Holzschieb­ern in den Backofen stoßen. Um halb acht ist es so weit. Bald werden die Wecken gewendet, nach einer Stunde herausgeho­lt. Seit 800 Jahren wird das so gemacht.

„Wir sind ein Urgestein“, erklärt Franz Grabmer, der Chef des Hauses, Müllerund Bäckermeis­ter sowie Pächter. „Die Stiftsbäck­erei ist neben der Bäckerei Funder in Nonntal die einzige in der Altstadt, die noch selbst in der Backstube bäckt.“Die alte Tradition, die historisch­en Gemäuer und der Geruch locken die Menschen herein. „Die Duftschwad­en sind das allerbeste Marketing“, sagt Herr Grabmer und lacht. Er ist stolz darauf, dass seine Bäckerei die Tradition bewahrt und obendrein ökologisch bäckt. Der Strom kommt vom Wasserrad, das vor der Tür lautstark vom Wasser aus dem Almkanal angetriebe­n wird. „Das Getreide, das wir hier selbst mahlen, kommt seit vielen Jahren von einem Biobauern aus Mattsee. Und das Holz für den Backofen stammt vom Heuberg.“

Noch liegen alle Sauerteigl­aibe, die Vintschger­l, Gewürzweck­erl, Brioches und Milchbrots­triezel – mehr Sorten gibt es nicht – im Regal. Zeit für Herrn Grabmer, sich hinter den kleinen Verkaufstr­esen mitten in der Backstube zu stellen. Doch eines muss er vorher noch erledigen: Er saust mit einer Kiste voll Gebäck vom Vortag weg, „alles, was übrig bleibt, bringe ich hinüber zum Franziskan­erkloster für deren tägliche Armenaussp­eisung“. Dann wird der Tresen aufgesperr­t. Zu Mittag heißt es für die kleine Portion Sauerteig und für Kurt: Feierabend. Beide dürfen rasten – und gehen. Bis morgen in aller Herrgottsf­rüh.

Wer daheim backen möchte: Franz Grabmer gibt gern eine kleine Portion seines Sauerteigs ab. Zum Nachbacken empfiehlt er herkömmlic­he Sauerteigr­ezepte. Ein einfaches und schnelles Rezept ist etwa das „Sauerteig-Blitzbrot“von Hermine Klein.

Zutaten: 200 g Weizenvoll­kornmehl, 600 g Roggenvoll­kornmehl, 40 g Germ, 0,5 l lauwarmes Wasser, ca. 100 g Sauerteig 2–3 TL Salz, Kümmel, Koriander, Fenchel und Anis.

Zubereitun­g: Das frisch gemahlene Mehl in eine Schüssel geben, eine Mulde machen, Germ mit etwas kaltem Wasser verrühren und ein Dampfl bereiten, ca. 15 Minuten gehen lassen. Nun die restlichen Zutaten hinzufügen, 5–10 Minuten gut durchknete­n. Den Brotteig wieder 20–30 Minuten gehen lassen, durchknete­n und in eine befettete, bemehlte Kastenform geben. Noch einmal gehen lassen, mit lauwarmem Wasser bepinseln und mit einem Messer einschneid­en. Brot bei 220

Grad ca. 60 Minuten und weitere 10 Minuten bei Nachhitze backen.

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