Integration: In Wien ballen sich die Probleme
Von der Grund- bis zur Mindestsicherung: In der Bundeshauptstadt konzentrieren sich Asylsuchende und Schutzberechtigte.
Die Welle an Familienzusammenführungen von Asyl- und Schutzberechtigten spiegelt sich auch in der Wiener Mindestsicherungsstatistik. In den vergangenen drei Monaten vergrößerte sich der Bezieherkreis um fast 3000 – von rund 136.400 im Dezember auf 139.300 im Februar. Annähernd 30 Prozent des Zuwachses entfielen auf Kinder und Jugendliche. Besonders der Sprung von Jänner auf Februar fällt auf: Da stieg die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Mindestsicherungsbezug um fast 1000 auf rund 48.200.
Es gab sicher auch weitere Gründe für den Zuwachs, aber: Asyl- und Schutzberechtigte sind im Österreich-Schnitt längst die größte Gruppe unter den Sozialhilfe- oder Mindestsicherungsbeziehern. Geprägt werden die Zahlen überproportional von Wien. Hier leben etwa zwei Drittel aller Sozialhilfeoder Mindestsicherungsbezieher; Ende Dezember handelte es sich bei 45,7 Prozent von ihnen um Asylund Schutzberechtigte. Schon bei der Grundversorgung der Asylsuchenden schultert die Stadt Wien den Großteil und übererfüllt ihre Quote fast um das Doppelte. Wird
Asyl gewährt, bleiben die Betreffenden logischerweise in Wien und stellen Anträge auf Familiennachzug und Mindestsicherung.
Dazu kommt der Zuzug aus den Bundesländern: Ist ein positiver Bescheid ausgestellt, zieht es viele in die Bundeshauptstadt, wo sie um Hilfe für den Lebensunterhalt ansuchen. Die in Wien deutlicher höher sein kann. „Die Unterstützungsleistungen für eine Familie mit zwei Kindern, die außer der Mindestsicherung kein weiteres Einkommen hat, sind in Wien im ÖsterreichVergleich am höchsten“, bestätigt man im Sozialressort der Stadt.
Zwar sind die Grundbeträge für Alleinstehende (1155,84 Euro monatlich) und Zweipersonenhaushalte (809,09 Euro pro Person) überall gleich. Unterschiedlich hoch sind aber die Kinderzuschläge, auch die Wohnkosten werden unterschiedlich berücksichtigt. Für eine Familie mit drei Kindern und ohne eigenes Einkommen gibt es in Wien knapp 2550 Euro, in Oberösterreich sind es um 400 Euro weniger. Dazu kommt jedenfalls die Familienbeihilfe.
Der Zuzug aus den Ländern ist der Grund, warum der für Bildung zuständige Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) schon mehrfach eine Residenzpflicht für Asylberechtigte in jenen Bundesländern verlangte, in denen sie das Verfahren durchliefen. In Wien müssen wie berichtet derzeit pro Monat rund 300 über den Familiennachzug kommende Kinder in die Schulen integriert werden – mangels Platz demnächst in Containerklassen.
„Das Riesenproblem ist die große Konzentration der Geflüchteten auf Wien, schon in der Grundversorgung“, sagt Lukas GahleitnerGertz von der Asylkoordination. Auch Wohnungen würden knapp. Für seltsam hält er die Rufe, die EU müsse für eine bessere Verteilung sorgen. „Wir schaffen das ja nicht einmal in Österreich, obwohl das für alle Seiten besser wäre“, sagt er. Und: Die Welle der Familienzusammenführungen werde in einigen Monaten abflauen, bis dahin sei der Rückstau abgearbeitet. Prinzipiell wäre gerade der Familiennachzug etwas, worauf man sich vorbereiten könnte. „Nichts ist planbarer, man weiß es Monate vorher.“Weshalb man fragen müsse, wie die Behörden eigentlich zusammenspielen.
Unterschiedlich hohe Leistungen