Salzburger Nachrichten

Osterfests­piele: Die Römer glänzten auch ohne Pappano

- LEONHARD HARTINGER

Ein Italien-Konzert ganz ohne italienisc­hen Komponiste­n am Programm sorgte am Dienstag im Großen Festspielh­aus für aufwühlend­e und wohlige Sehnsuchts­momente. Für das zweite Orchesterk­onzert der Accademia Nazionale di Santa Cecilia nahm sich Noch-Musikdirek­tor Antonio Pappano, unbestritt­ener Star der heurigen Osterfests­piele, eine kleine Auszeit und überließ den Taktstock dem tschechisc­hen Dirigenten Jakub Hrůša. Unter seiner Leitung zeigte sich das römische Traditions­orchester von seiner ganz feinen Seite.

Gleich zu Beginn bot sich für Hrůša mit Hector Berlioz’ Charaktero­uvertüre „Le carnaval romain“ein ideales Feld, um sich in der reichhalti­gen Motivik gestalteri­sch auszutoben. Seine kleinen, aber feinen Akzente nahm das Orchester unmittelba­r und präzise auf und verbreitet­e mit einer gehörigen Portion Spielwitz gute Laune. Deutlich geheimnisv­oller gestaltete sich der zweite Programmpu­nkt. Bohuslav Martinůs Orchesterw­erk „Les Fresques de Piero della Francesca“, das im Jahr 1955 bei den Salzburger Festspiele­n uraufgefüh­rt wurde, ist ein tiefgreife­nder musikalisc­her Ausdruck des Staunens. Martinů, welcher von den Fresken der Franziskus­kirche im toskanisch­en Arezzo beeindruck­t war, schuf ein dreisätzig­es klangliche­s Wimmelbild, das von der Detailbetr­achtung immer wieder ins Klangwolke­nartige abdriftet. Auch hier untermauer­te das Orchester mit federleich­ten Streichern und strahlende­n Bläsern seine Klasse.

Italien inspiriert­e Berlioz und Martinu˚

Das Hauptwerk des Abends steuerte wieder Hector Berlioz bei. Dieser fühlte sich bei seinem Stipendien­aufenthalt in Rom wie im Exil und fand erst in der rauen Berglandsc­haft der Abruzzen persönlich­e Identifika­tionspunkt­e. Die Symphonie „Harold en Italie“ist zwar gespickt mit autobiogra­fischen Aspekten, wurde jedoch ursprüngli­ch von Niccolò Paganini als Bratschenk­onzert in Auftrag gegeben. Solist Pinchas Zukerman zeichnete gemeinsam mit dem hochaufmer­ksamen Orchester Berlioz’ Klangreise spielerisc­h nach. Zukermans charakteri­stische Spielweise kam vor allem in den folklorist­ischen Passagen zur Geltung und fand beim Publikum besonderen Gefallen.

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